Hinter dem Enoshima-jinja verbergen sich insgesamt drei Schreine.

-jinja, -jingū, -taisha, -gū… Shintō-Schrein-Titel verstehen

Japanische Religion ist für Außenstehende kompliziert genug. Stehst du nun vor einem buddhistischen Tempel oder ist es doch ein shintoistischer Schrein? Korrekt Hände waschen zur rituellen Reinigung und dann noch mal wie oft verbeugen und klatschen beim Beten? Und dann sind da noch die Namen, die für uns nicht-Japaner zu komplizierten Zungenbrechern werden. Bei Schreinen wird es besonders verwirrend. Denn während die deutsche Übersetzung immer ein „Schrein“ vorsieht, verstecken sich im Japanischen dahinter diverse Endungen, die etwas über die Gewichtung des Schreins aussagen. –jinja, –jingū, –taisha, – und Co. Folgende Shintō-Schrein-Titel sind die häufigsten in Japan:

hokora

hokora 祠 (alternativ hokura 神庫) sind die kleinste Art Schrein und vielleicht sogar die, die dir am häufigsten auf deiner Japanreise begegnen wird. Es sind jene kleinen Schreine am Wegesrand, die nur aus einer Überdachung bestehen. Sie dienen der Verehrung lokaler Götter. Oft findest du sie auch als Nebenschreine auf dem Gelände größerer heiliger Stätten.

Kleine Schreine an Straßenrändern, die zu keinem größeren Schrein gehören, nennt man auf Japanisch hokora 祠.
Kleine Schreine an Straßenrändern, die zu keinem größeren Schrein gehören, nennt man auf Japanisch hokora 祠.

Die Grenzen zwischen Shintō und Buddhimus verschwimmen hier gern. So sind viele hokora mit dem swastika gekennzeichnet, das in Japan eigentlich nur an buddhistischen Tempeln zu finden ist.

jinja 神社

Einer der Enoshima-jinja Schreine mit einem traditionellen chinowa Grasring.
Einer der Enoshima-jinja Schreine mit einem traditionellen chinowa Grasring.

Hinter jinja 神社 oder der Abkürzung sha oder ja 社 verbrirgt sich das Standartwort für Schrein. So ist eigentlich alles, was über einen hokora hinausgeht, sprich mindestens ein Gebäude (die sogenannte honden 本殿 Haupthalle) hat, ein jinja. Es ist die häufigste Bezeichnung für japanische Shintō-Schreine.

Beispiele: Enoshima-jinja 江島神社 (Enoshima), Hakone-jinja 箱根神社 (Hakone)

taisha 大社

Auf dem Gelände des Izumo-taisha Schreins – Japans zweitwichtigstem Schrein.
Auf dem Gelände des Izumo-taisha Schreins – Japans zweitwichtigstem Schrein.

Die Schriftzeichen verraten, dass es sich hier um einen „großen Schrein“ handelt. Ursprünglich trug nur der Izumo Taisha in der Präfektur Shimane diese Bezeichnung. Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete sich die Endung und auch andere Schreine übernahmen diese Schreinkategorie. Es handelt sich dabei immer um große und wichtige Schreine.

Beispiele: Izumo-taisha 出雲大社 (Izumo), Fushimi Inari-taisha 伏見稲荷大社 (Kyōto), Kasuga-taisha 春日大社 (Nara)

/ –miya

Hinter den Namensergänzungen –gu und –miya stecken im Japanischen das selbe Schriftzeichen 宮. Dieses bedeutet sowohl Schrein oder Palast. Letzteres deutet bereits auf die Verbindung zur kaiserlichen Familie hin. Zusätzlich kommt es nämlich auch noch bei der Anrede kaiserlicher Prinzen und Prinzessinen zum Einsatz.

Was das nun für die Schreinkategorie bedeutet? Shintō-Schreine mit diesen Endungen stehen immer auf irgendeine Art und Weise mit der Kaiserfamilie in Verbindung.

Der Nono-miya Schrein in Arashiyama ist der Sonnengöttin Amaterasu gewidmet.
Der Nono-miya Schrein in Arashiyama ist der Sonnengöttin Amaterasu gewidmet.

Fun Fact: Auch die heilige Insel Miyajima 宮島 vor Hiroshima verwendet dieses Kanji im Namen.

Beispiele: Nikkō Tōshō-gū 日光東照宮 (Nikkō), Dazaifu Tenman-gū 太宰府天満宮 (Dazaifu), Kotohira-gū 金刀比羅宮 (Kotohira)

jingū 神宮

Die höchste Schreinkategorie in Japan. Das -gu verweist auch hier auf die Kaiserfamilie. Und damit auch auf deren göttliche Vorfahren. In Schreinen dieser Stufe verehrte Götter beinhalten die Sonnengötting Amaterasu aber zum Beispiel auch die vergöttlichte Form des Meji-Keisers.

Anstehen für hatsumode, den ersten Schreinbesuch am Meiji Schrein in Tōkyō.
Anstehen für hatsumode, den ersten Schreinbesuch am Meiji-jingū Schrein in Tōkyō.

Nur eine kleine Zahl an Schreinen trägt diese Bezeichnung. Wird von jingū allein gesprochen, ist immer die Rede vom Ise-jingū – Japans größtem Heiligtum.

Beispiele: Ise-jingū 伊勢神宮 (Ise), Meiji-jingū 明治神宮 (Tōkyō), Usa-jingū 宇佐神宮 (Usa)

Alte Schreinbezeichnungen

Ausnahmen gibt es natürlich immer. Bei manchen Schreinen halten sich alte Bezeichnungen wie das buddhistisch beeinflusste gongen 権現. Ein Begriff der während der Meiji-Restauration im Zuge der Trennung von Buddhismus und Shintō (shinbutsu-bunri 神仏分離) eigentlich bei Schreinen ausgemerzt werden sollte.

Bei einem Matsuri drängen sich die Menschenmassen am Kanda-myōjin Schrein in Tōkyō.
Bei einem Matsuri drängen sich die Menschenmassen am Kanda-myōjin Schrein in Tōkyō.

Ein anderer Begriff, der dir vielleicht begegnet, ist myōjin 明神, was so viel wie „großer Gott“ bedeutet.

Beispiele: Tokusō-daigongen 得宗大権現 (Kamakura), alternativer alter Name für den Kotohira-gū: Konpira-dai-gongen 金毘羅大権現 (Kotohira,), alternativer alter Name für den Kanda-jinja: Kanda-myōjin 神田明神 (Tōkyō)


Einfach ist es nicht mit den diversen Schreinbezeichnungen. Hast du aber einmal eine gewisse Systematik dahinter entdeckt, geht es sowohl mit der Aussprache als auch mit der Unterscheidung von buddhistischen Tempeln einfacher.

Quellen und weiterführende Infos

The Difference Between “Jinja”, “Taisha”, “Jingū” and “Gū” | MATCHA – JAPAN TRAVEL WEB MAGAZINE

Shinbutsu-Bunri – Wikipedia

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2 Kommentare zu “-jinja, -jingū, -taisha, -gū… Shintō-Schrein-Titel verstehen

  1. Carsten Fister

    Danke für diesen Artikel. Das bringt endlich mal etwas Licht in den Wald der Schreinnamen.

    Hast Du vielleicht auch eine ähnliche Erläuterung für buddhistische Tempel? Wir waren im November 2022 zum ersten mal in Japan und haben in Koya-san gelernt, dass ein Haupttempel (also der Sitz eines Abtes) auf „-ji“ endet, während seine Nebentempel auf „-in“ enden. Allerdings hat uns das leider nicht die Endung „-dera“ (z.B. Kiyozumi-dera) erschlossen.

    • Hallo Carsten, zu Tempeln habe ich dies noch nicht geschrieben, aber es wird wohl langsam mal Zeit :D

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