Ausgerechnet in Hiroshima und Nagasaki wird es in der Nähe des jeweiligen Hypozentrums der Atombombendetonationen bunt. Viele Papierkraniche in allen erdenklichen Farben bilden auf Karton aufgeklebt bunte Bilder und vor allem auf Schnüre aufgefädelt Girlanden. Immer Tausend Kraniche – mit Origamitechnik gefaltet – sind es, die eine Einheit ergeben. Sie werden gespendet von Einzelpersonen, Vereinen und Schulklassen aus der ganzen Welt. Von senbazuru 千羽鶴 (wörtlich „1000 Kraniche“) spricht man dann, einer alten japanischen Tradition, die vor allem durch ein junges Mädchen berühmt wurde, das nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima an Leukämie erkrankte und begann, 1.000 Kraniche zu falten. Heute erzähle ich, wie es zu der Tradition der Tausend Kraniche kam und habe auch eine Anleitung für dich, wie du selbst einen Origami-Papierkranich falten kannst.

origami
Die Tradition, Papier zu falten, entstand unabhängig voneinander in Europa, China und Japan. Früher bezeichnete das Wort origami 折り紙 („gefaltetes Papier“) strickt japanische Methoden, aber mittlerweile wird der Begriff als Synonym für jegliche Art des Papierfaltens verwendet.
Zum ersten Mal wurde origami 1680 in Japan in einem Gedicht erwähnt, in dem von einem gefalteten Schmetterling als Zierde bei einer shintō-Hochzeit die Rede ist. Es ist unklar, ob Papierfalten als Freizeitbeschäftigung oder aus rituellen Techniken entstand. Doch die frühesten Bücher zum Thema behandelten origami eindeutig als Hobby.
Bereits das 1797 erschienene „Sembazuru Orikata“ von Akisato Rito trägt die Tausend Kraniche im Namen. Allerdings bezog sich der Ausdruck damals auf eine ganz ausgeklügelte Art, aus nur einem Blatt Papier 100 miteinander verbundene Kraniche zu falten.

Der gefaltete Kranich (orizuru 折鶴) ist damit eines der ältesten bekannten origami aus Japan und kann dort jedes Kind. Vergleichbar mit einem Papierschiffchen oder -flieger in Deutschland.
Tatsächlich hatte die deutsche Papierfalttradition großen Einfluss auf die japanische. Nach der Meiji-Restauration 1868 wurde das deutsche Kindergartensystem in Japan übernommen, dessen fester Bestandteil das Falten von Papiermotiven als Beschäftigung war. Während davor im origami oft Effekte durch das gezielte Schneiden von Papier erzielt wurden (siehe die 100 Kraniche aus einem Blatt Papier oben), festigte sich durch die deutsche Tradition das reine Falten, ausgehend von einem quadratischen Blatt Papier.
Der Kranich in der japanischen Mythologie

Kein anderes Tier steht symbolisch so sehr für Japan wie der Kranich (tsuru 鶴). Gefaltete Kraniche stellen die mittlerweile stark gefährdete Unterart der Mandschurenkraniche (tanchō 丹頂) dar. Im Laufe der Jahrhunderte haben diese majestätischen Vögel vielerlei Kunstwerke, Geschichten und Legenden inspiriert.
Am bekanntesten sind die beiden Märchen „Der dankbare Kranich“ (tsuru no ongaeshi 鶴の恩返し) und eine Abwandlung davon bekannt als „Die Kranichfrau“ (tsuru nyōbō 鶴女房). In beiden Erzählungen bringt eine Frau, die in Wahrheit ein verwandelter Kranich ist, ihrem Retter beziehungsweise ihrem Mann Freude und Reichtum.
Mandschurenkraniche binden sich ein Leben lang an den selben Partner, versprechen Glück und Fruchtbarkeit und werden angeblich 1.000 Jahre alt.
Sadako Sasaki und die Legende der 1.000 Kraniche
Auf der Annahme, dass Kraniche ein Jahrtausend leben, fußt vermutlich die Legende, dass das Falten von 1.000 orizuru zur Erfüllung eines Wunsches führt. Ein Papierkranich für jedes Lebensjahr.

Sadako Sasaki war gerade einmal zwei Jahre alt, als die Atombombe auf Hiroshima fiel. Zehn Jahre später erkrankte sie an Leukämie. Durch das Falten von 1.000 Kranichen hoffte sie darauf, wieder gesund zu werden. Sie begründete dadurch die Tradition, senbazuru an Schreine, Tempel und Gedenkstätten zu spenden, die sich dem Frieden widmen.

Laut Aussagen ihres Bruders Masahiro und dem Friedensmuseum in Hiroshima schaffte es Sadako vor ihrem Tod, die Tausend Kraniche und sogar mehr darüber hinaus zu falten. In dem englischsprachigen Kinderbuch „Sadako and the thousand paper cranes*“ von Eleanor Coerr wird sie nach 644 Stück zu schwach und Freunde und Klassenkameraden übernehmen die restlichen orizuru für sie.
senbazuru – 1.000 Papierkraniche selber falten
senbazuru zu falten ist nicht nur etwas für Kinder. So war die Fertigstellung von 1.000 Kranichen aus Papier Teil des Tests für angehende Astronauten der JAXA – dem japanischen Pendant zur NASA und ESA.
Wenn du dich auch einmal am Falten eines Origamikraniches versuchen möchtest, ist hier eine Anleitung für dich. Alles, was du brauchst, ist ein quadratisches Stück Papier und ein wenig Geduld. Hier kannst du dir die Anleitung in voller Größe anzeigen lassen. Das passende Papier findest du zum Beispiel hier* oder hier*.

Die aufgefädelten, bunten Papierkraniche, die an die Gedenkstätten in Hiroshima und Nagasaki gespendet werden, hängen größtenteils im Freien und sind so der Witterung ausgesetzt. Dadurch zersetzt sich nach einiger Zeit das Papier und die Kraniche lösen sich auf. Symbolisch wird der Wunsch nach Frieden dadurch frei und in die Welt getragen.
Neue senbazuru kommen ständig nach. In meinen Augen eine schöne Tradition, auch wenn es mich jedes Mal traurig macht, dass Sadakos Wunsch nicht erfüllt wurde. Dennoch hat sie der Welt etwas hinterlassen, das Kinder schon in jungen Jahren mit dem Thema Frieden in Verbindung bringt. Und dafür ist es schließlich nie zu früh.
Über amazon gibt es für wenig Geld senbazuru-Sets, in denen genug Papier für 1.000 Kraniche enthalten sind:
Origami 1.000-Kraniche-Set farbig* | Origami 1.000-Kraniche-Set asa-no-ha-Muster
Nachdem du 1.000 Stück fertig gefaltet hast, kannst du jeweils 40 Stück auf eine Schnur auffädeln und eine Traube aus 25 Schnüren bilden. Das Gesamtkunstwerk hängst du zu Hause auf oder schickst es nach Hiroshima.
Adresse zum Senden von Papierkranichen nach Hiroshima:
Peace Promotion Division, International Peace Promotion Department
Citizens Affairs Bureau, City of Hiroshima
1-5 Nakajima-cho, Naka-ku, Hiroshima City, Japan 730-0811
Wenn du möchtest, schickst du zum einen deine E-Mail-Adresse mit, dann bekommst du ein Foto von deinen aufgehängten origami. Außerdem freut sich die Stadt Hiroshima, wenn du zusätzlich das Datum, deinen Namen, dein Herkunftsland und eine Nachricht mitsendest. Diese werden dann in eine Friedensdatenbank eingetragen.
Quellen und weiterführende Links
K’s Origami : History of Origami
One thousand origami cranes – Wikipedia
Die Kranichfrau – Handwebmeisterei JEN – ars texendi
How Paper Cranes Became a Symbol of Healing in Japan – National Geographic Society Newsroom
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Ich bin am falten von kranichen, was mache ich dann, wenn ich meine tausend gefaltet habe ? Lasse ich sie fliegen ? Z.b. von einer brücke ?oder kann ich sie nach japan schicken ? Wohin ? Was mache ich ,damit mein wunsch in erfüllung geht ?
Liebe Anita,
das ist eine super Frage! Ich habe den Artikel mit der Adresse in Hiroshima aktualisiert, an die du das Endergebnis schicken kannst. Ich würde sagen, dein Wunsch wird in jedem Fall allein durchs Falten zum Universum transportiert.
Alles Liebe, Elisa
Ich mache Gans File Kraniche
Fahlten und is macht Spaß.
Isa-Marie Müller
Es freut mich, dass es dir Spaß macht. 😁