Ein Selfie mit Stadtmaskottchen Hikonyan an der Burg von Hikone.

Hikonyan – Hikones Stadtmaskottchen, das den Yuru-Chara-Boom in Japan auslöste

Seit 2010 treten in Japan jedes Jahr beim „Yuru-Chara Grand Prix“ eine ganze Garnison von Maskottchen gegeneinander an und kämpfen darum, wer gerade das Beliebteste ist. Schräg, knuddelig, süß, Hauptsache es kommt gut an (und verkauft sich somit gut). Maskottchen wofür eigentlich? So ziemlich alles, was du dir vorstellen kannst und beworben werden kann. Vom örtlichen Blutspendedienst bis zur Prostatakrebsvorsorge hat in Japan jede Präfektur, jeder Ort(steil), jede Institution und Firma eigene Maskottchen. Sie nennen sich Yuru-Chara yurukyara ゆるキャラ, also sogenannte „leichter Charakter“. Der Begriff prägte Designer Jun Miura bereits im Jahr 2000. Der große Boom allerdings startete 2007. Und Auslöser dafür war eine niedliche, weiße Katze mit Samurai-Helm: Hikonyan.

Selbst in Stein wurde das beliebte Maskottchen in Hikone mittlerweile verewigt.
Selbst in Stein wurde das beliebte Maskottchen in Hikone mittlerweile verewigt.

Die Geschichte hinter Hikonyan

Hikonyan ist das Stadtmaskottchen von Hikone, einer Stadt mit ca. 115.000 Einwohnern, die bekannt ist für ihre schöne Lage am Biwa-See und ihrem originalerhaltenen Burgturm aus dem 17. Jahrhundert (einer von insgesamt nur noch 12 Stück in ganz Japan).

Wir wissen bereits, dass Hikonyan – übrigens ein Kofferwort aus dem Namen der Stadt und dem japanischen Laut für „miau“ nyan にゃん – eine knuffige, weiße Katze ist. So weiß und knuffig, dass sie von den Einheimischen auch liebevoll Mochi genannt wird. Eine Anspielung darauf, dass die Süßigkeit aus Reismehl meist auch rund und flufflg ist.

Auf dem Kopf trägt sie einen gehörnten, roten Helm wie sie früher von Samurai getragen wurden. Man spricht von kabuto 兜, was vor allem für prachtvoll verzierte Helme verwendet wird, wie man sie oft in Filmen oder auf Bildern sieht. Sie waren ein Zeichen von Rang und Prestige. Hikonyan trägt natürlich nicht irgendeinen Helm, sondern den Familienhelm der Ii Feudalherren (das Original befindet sich in Hikone im Museum, mit einem Klick auf den Link kannst du ihn sehen).

Feudallord Ii Naomasa mit seinem berühmten kabuto Helm thront auf dem Bahnhofsvorplatz von Hikone.
Feudallord Ii Naomasa mit seinem berühmten kabuto Helm thront auf dem Bahnhofsvorplatz von Hikone.

Eine große Ehre für eine kleine weiße Katze, die sie sich durch folgende Geschichte verdient hat:

Bei einem Gewitter suchte der dritte daimyō der Stadt, Ii Naotaka, Schutz unter einem Baum. Eine weiße Katze lockte ihn durch ihr Maunzen davon. Kurz darauf schlug ein Blitz in den Baum ein. Somit hatte die Katze dem Samurai das Leben gerettet. Nyan.

Ein japanisches Maskottchen entsteht

Bei dieser Hintergrundgeschichte ist es nicht verwunderlich, dass man sich 2007 auf der Suche nach einem Maskottchen zum 400-jährigen Bestehen der Burg für eine Katze entschied.

Eigentlich war die Figur nur für das Event gedacht, doch Hikonyan erfreute sich schnell so großer Popularität, dass beschlossen wurde, diesen Yuru-Chara auch danach fortzuführen.

Mitbringsel sind in Japan Pflicht. Aus Hikone am liebsten im Hikonyan-Design.
Mitbringsel sind in Japan Pflicht. Aus Hikone am liebsten im Hikonyan-Design.

Der Clou, Hikonyan so schnell bekannt zu machen, war, anfangs keine Lizenzgebühren für die Verwendung auf Süßigkeiten, Merchandise und Co. zu verlangen. Viele regionale und kleine Unternehmen witterten die Chance, den Umsatz durch die süße Katze zu erhöhen. Ich meine natürlich sahen die Möglichkeit, die Region zu beleben. Was auch grandios gelang. Bei Touristen, aber auch über Online-Shopping, wurden Hikonyan-Waren schnell zum Hit, weit über das Fest zum 400. Jubiläum der Burg hinaus.

Populärkulturelle und wirtschaftliche Folgen von Hikonyan

Hikonyans Popularität hatte gleich mehrere teils schwergewichtige Folgen.

Zum einen tritt das Maskottchen bis heute fast täglich in der Burg von Hikone auf, kann also besucht und geknuddelt werden. Dies und die große Bekanntheit der Kunstfigur führten zu einem erhöhten Touristenaufkommen in der Stadt. Angeblich 200.000 mehr pro Jahr sind es, was sich laut Wikipedia bis 2008 in ein finanzielles Volumen von 17,4 Billionen Yen für die Tourismusbranche und 1,7 Billionen Yen für Merchandise übersetzte (die Originalquelle ist leider nicht mehr online).

Und dann ist da noch der eingangs erwähnte Yuru-Chara-Boom, der auf Hikonyan zurückgeführt wird. In Hikone selbst nutzte man die Gunst der Stunde und hielt im Jahr 2008 das erste „Yuru-Chara Festival“ ab. Seit 2010 wird auf nationaler Ebene bestimmt, wer gerade Maskottchen des Jahres ist. Die erste Wahl 2010 gewann – natürlich – Hikonyan.

Hikonyan gibt es auch zum Kuscheln für zu Hause aus Plüsch.
Hikonyan gibt es auch zum Kuscheln für zu Hause aus Plüsch.

Die Anzahl regionaler und gewerblicher Maskottchen explodiert seitdem förmlich. Bereits seit 2013 wird in zwei Kategorien abgestimmt, um regionale und andere Yuru-Charas getrennt zu bewerten. 

Was landesweit an Geld mit den schrägen Maskottchen umgesetzt wird, steht in den Sternen. Aber klar ist, dass die Stadt Hikone bei Einführung von Hikonyan mit dem Lizenzsystem einen genialen Schachzug gemacht hat. Und Hikonyan könnte längst auf dem internationalen Vormarsch sein, wäre da nicht noch ein Bär, der Hikonyan vom Siegertreppchen gestoßen hat. Doch dazu ein andermal mehr.

Quellen und weiterführende Links

Hikonyans offizielle Website (japanisch)

Hikonyan auf Facebook (japanisch)

Yuru-Chara Grand Prix (englisch)

Wikipedia: Hikonyan (japanisch)

Das passende Buch zum Thema

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2 Kommentare zu “Hikonyan – Hikones Stadtmaskottchen, das den Yuru-Chara-Boom in Japan auslöste

  1. Die Katze-rettet-Samurai-vor-Blitzeinschlag-Geschichte kenne ich auch, habe ich aber als Erklärung für Manekineko gehört. Die Katze saß in der Tür eines verfallenen Hauses und hätte einen (verarmten) Prinzen/Samurai/Whatever unter dem Baum vervorgewunken. Daher als Glückssymbol.
    Ich war leider nicht dabei um die Geschichte bestätigen zu können. Hast du mal eine Quelle gelesen?

    Übrigens ich war 2013 in Hikone und bin am gleichen Steimetz-Laden mit dem Hinkonyan vorbeigekommen. Wird wohl nicht verkauft. Und der Plüschladen ist direkt am Bahnhof, nicht wahr? ;-)

    • Wo der Plüschladen war, habe ich nicht mehr genau im Kopf, dachte aber, das wäre direkt bei der Burg gewesen 🤔

      Die Geschichte mit der Katze habe ich aus dem japanischen Wikipedia-Eintrag zu Hikonyan, dort ist wiederum aber leider keine Quelle angegeben. Interessant, dass die Geschichte auch anderweitig verwendet wird. Aber das haben solch mythische Geschichten ja oft so an sich ;)

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