Ich bin mit dem Fahrrad in Kashima unterwegs zum Yutoku Inari Schrein. Wie jeden Tag habe ich mich morgens im Hotel großzügig mit meiner Sonnenmilch mit LSF 50 eingecremt. Obwohl ich das Auftragen und die schmierige Haut danach nicht besonders mag, möchte ich Sonnenbrand um jeden Preis verhindern. Hut (gut, mit einer sehr schmalen Krempe) und Sonnenbrille trage ich auch…aber seien wir ehrlich: im Vergleich zu den japanischen Frauen, die mir begegnen (wie jene auf dem Bild oben inmitten der Felder), laufe ich fast völlig entblößt herum, was den Schutz vor UV-Strahlung angeht. Sonnenschutz in Japan ist serious business. Heute erzähle ich dir, was man alles gegen die schädigende Strahlung von oben in Japan unternimmt und vor allem wieso.
Sonnenschutz in Japan
Sonnenschutzmaßnahmen sind in Japan, speziell bei Japanerinnen auf einem ganz anderen Level als bei uns. Klar hat man auch hier Sonnenbrillen und trägt, wenn man sehr vorsichtig ist, Sonnenmilch auf, doch in Japan gibt es noch weitere Mittel, die dort wirklich alltäglich sind. Sprich, ich erzähle dir heute nicht von einem Einzelfall, den ich zufällig vor die Linse bekommen habe, sondern von Dingen, die einem bei guten Wetter überall begegnen.
1. Sonnenschirme higasa
In Japan gibt es spezielle Schirme, dem Aussehen nach einem Regenschirm sehr ähnlich, die speziell gegen die Sonne entwickelt wurden, sogenannte higasa (日傘). Obwohl es auch bunte Varianten gibt, sind die meisten Exemplare, die ich bisher gesehen habe, schwarz. Bisher war es üblich, dass nur Frauen diese Art Sonnenschutz verwenden, doch in letzter Zeit bürgert sich bei der jungen Generation der Begriff higasa danshi (日傘男子, Sonnenschirm-Männer) ein. In diesem Jahr hat der japanische Umweltminister Yoshiaki Harada sogar explizit dazu aufgerufen, dass bitte auch Männer auf higasa zurückgreifen sollen, um die jährlich ansteigende Anzahl von Hitzschlag-Opfern zu reduzieren (Quelle: Mainichi).

2. Hüte
Während bei uns Hüte erst die letzten Jahre wieder im Kommen sind, werden sie in Japan jedes Jahr getragen. Der Unterschied liegt in der Größe der Krempe. Klar, auch bei uns gibt es ausladende Strohkopfbedeckungen à la Raffaelo-Dame, aber in Japan ist das die Norm. Denn dafür trägt man sie ja: der Hut soll in erster Linie Schutz bieten. Das gute Aussehen ist da auch schon mal zweitrangig, vor allen bei den Modellen, die zusätzliche Schlappen für Nacken und Ohren haben. Für die Gartenarbeit wird auch gern das Modell mit Moskitonetz getragen.
Japanische Omis auf Reisen gibt es jedenfalls nur in der Ausführung mit Schlapp-Fischerhut. Sonst würde sich auch Japan gar nicht mehr nach Japan anfühlen :)

Bild: amazon.jp
3. UV-Schutz-Kleidung
Abgesehen von den überbordenden Hüten, die das Gesicht vor Sonnenstrahlen schützen, gibt es in Japan auch noch spezielle UV-Schutz-Kleidung. Das kann man sich wie normale Klamotten vorstellen, die aber aus speziellen Fasern hergestellt wurden. Vor allem beliebt im Lieblingsland: lange, meist dunkle Handschuhe, die Hände und Unterarme schützen sollen.

Bild: Uniqlo
Eine spezielle Variante davon sind fest montierte Handschuh-„Hüllen“, die man an vielen Fahrradgriffen sieht. Möchte man mit dem Drahtesel los, steckt man die Hände hinein und ist so beim Radfahren vor zu viel Sonnenexposition geschützt.

Der Wunsch nach reiner, weißer Haut – darum ist Sonnenschutz in Japan ein so großes Thema
Weiße reine Haut (bihaku 美白) ist ein japanisches Schönheitsideal, das sich schon seit vielen Jahrhunderten kontinuierlich hält. Bereits in der späten Heian-Periode (794–1185) gibt es durch die ersten Romane Zeugnis davon, dass Frauen mit besonders makelloser, heller Haut besonders beliebt waren. Das erklärt zum Beispiel, warum Geishas sich großzügig weiß schminken.
Ein japanisches Sprichwort lautet sogar „Weiße Haut überdeckt die sieben Unvollkommenheiten“ (iro no shiroi wa shichinan kakusu 色の白いは七難隠す). Gemeint ist damit: egal, wie das Aussehen sonst ist, weiße Haut macht eine Frau hübsch. Aus der Sonne bleiben, schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe: man wird nicht braun und die sonnenbedingte Hautalterung wird reduziert.
Blättert man einen japanischen Versandkatalog durch, gibt es auch immer ein paar Seiten mit dubioser Kosmetik, welche die Haut (bis hin zu den Brustwarzen) aufhellen soll.
Gegenbewegungen aus den 90ern, wie der ganguro-Trend (顔黒, jap. schwarzes Gesicht), bei dem die Mädchen sich die Haare hell färbten und ein möglichst gebräuntes Gesicht anstrebten (gerne durch Selbstbräuner und Beta-Carotin, was ihnen auch den Spitznamen Orange Girls einbrachte), waren schnell wieder passé und wurden in den 2000er-Jahren durch einen neuen Hype für reine, weiße Haut (unter anderem ausgelöst durch Pop Queen Ayumi Hamasaki) abgelöst (Quelle mit ein paar Fotos: Wikipedia).

Ich bleibe bei Hut und Sonnencreme, weil ich zwar ungern einen Sonnenstich aber dennoch ganz gerne Farbe bekomme. Wenn du dich gerne besser schützen möchtest oder aus gesundheitlichen Gründen musst, weißt du jetzt, dass du in Japan alles dafür bekommst.
Wie machst du es im Urlaub? Was kommt in den Koffer? Schützt du dich in Japan besonders mit lokalen Produkten?
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Hallo Elisa, möchte dir einfach mal Danke sagen, für die tollen und sehr informativen Berichte. Ich freue mich jedesmal, wenn ich wieder was von dir lesen kann.
Die Menschen und Kultur in Japan sind einfach nur faszinierend!
Weiter so!
Ich kann es kaum abwarten, wieder von dir zu lesen.
LG Lisa
Liebe Lisa, ich danke dir so sehr für deine netten Worte ?
Hallo Elisa
Ich bin blond, habe blaue Augen und werde überhaupt nicht braun. Was in Europa vielen überhaupt nicht gefällt, löst in Japan verzücken aus. Wenn ich dort in einem Onsen bade, bin ich mir diskrete neugierige Blicke sicher. Sobald meine japanischen Freunde als Übersetzer dienen, wird auch sofort gefragt, ob ich den überhaupt nicht braun werde. Meine Antwort wird dann mit staunenden japanischen Lauten goutiert «Ohhhhhh»!
PS: Deine spannenden Beiträge lese ich regelmässig. Vielen Dank!
Hallo Susanne, das ist ja superspannend. Ich komme aus den Japanurlauben immer gut gebräunt zurück, da ich viel mehr draußen bin als zu Hause :D
Ich freue mich sehr, dass ich regelmäßige Leser habe. Vielen Dank dafür.
Alles Liebe, Elisa