Die Ladenhüterin – Diskussion nach dem Lesen

Diese Diskussionsrunde ist für alle gedacht, die das Buch fertig gelesen haben. Hier darf frei von der Leber weg ohne Einschränkungen darüber gesprochen werden.

So funktioniert diese Diskussionsrunde:

Du kannst gerne allgemein schreiben, wie dir das Buch gefallen hat.

In den folgenden Tagen folgen Fragen, die als Diskussionsanregung dienen sollen.

  1. Hattest du das Buch zum ersten Mal oder erneut gelesen?
  2. Wie hat es dir gefallen? Würdest du es weiterempfehlen?
  3. Kannst du dir vorstellen, es irgendwann noch einmal zu lesen?
  4. Wie gefiel dir der Schreibstil? Konntest du dich gut mit den Charakteren anfreunden?
  5. Was erzählt dir das Buch über die japanische Gesellschaft?
  6. Wie findest du die Entscheidung der Autorin, eine so emotionslose Hauptfigur zu schreiben? Wie bist du damit klar gekommen?

Du kannst mitdiskutieren, indem du einen Kommentar hinterlässt.

Diskussionsrunde vor dem Lesen

Diskussionsrunde während dem Lesen

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Hinweis: Meine Ausgabe des Buches wurde mir auf meine Anfrage hin vom Verlag zur Verfügung gestellt.

8 Kommentare zu “Die Ladenhüterin – Diskussion nach dem Lesen

  1. Hallo zusammen,

    dann werde ich auch mal noch meine Gedanken zu diesem Buch los. Ich habe das Buch zum ersten Mal gelesen und es hat mir gut gefallen, sodass ich es auch weiterempfehlen würde. Der Schreibstil war gut zu lesen und ich bin ebenfalls der Meinung, dass er gut zur Geschichte und zur Protagonistin passt. Ich stimme auch Ruth zu, was den deutschen Titel betrifft. Den finde ich sehr gelungen. Er vereint durch die Doppeldeutigkeit Keikos Selbstwahrnehmung und die Art, wie andere sie wahrnehmen, in einem Wort.

    Ich hatte am Anfang gesagt, dass ich nicht so richtig weiß, was ich erwarte, aber rückblickend muss ich sagen, dass ich das RBB-Zitat auf der Rückseite (“Eine Liebesgeschichte aus den Tiefkühlregalen unserer Herzen.”) in Kombination mit dem “Klappentext” vorne im Buch, in dem es heißt: “Doch dann wird ein neuer Mitarbeiter eingestellt und Keikos Weltordnung gerät ins Wanken.” etwas irreführend finde. Ich kann mir gut vorstellen, dass dadurch nicht gerade wenige Leute nach diesem Buch greifen und tatsächlich eine Liebesgeschichte erwarten, aber das nur nebenbei.

    Da Shiraha ein ziemlicher Kotzbrocken ist, konnte ich mich mit ihm mit Abstand am wenigsten anfreunden. Zwischendurch hatte ich befürchtet, dass Keiko ihn nun für immer an der Backe (und in ihrer Badewanne) hat. Als plötzlich gesagt wurde, dass jetzt ihr letzter Tag im Konbini sei, dachte ich tatsächlich kurz, jetzt würde auch noch geheiratet… Ich war sehr froh darüber, dass Keiko sich am Ende durchgesetzt hat für das, was sie selbst will. Etwas schade fand ich, dass sich auch das Verhalten ihrer Schwester als komplette Fassade herausgestellt hat, da ich bei ihr noch am ehesten erwartet hätte, dass sie etwas Verständnis für ihre Schwester aufbringen kann.

    Da die Geschichte aus Keikos Sicht erzählt war, konnte man ihre Gedanken und ihr Handeln meiner Meinung nach auch gut nachvollziehen, wenn man sich nicht direkt mit ihr identifizieren kann. Ich würde sie auch nicht als emotionslos bezeichnen. Ich würde eher sagen, sie fühlt anders. Und da man ihr schon als Kind vermittelt hat, dass „etwas mit ihr nicht stimmt“, imitiert sie das, was die anderen tun. Ich finde es vor diesem Hintergrund auch nachvollziehbar, dass sie sich im Konbini, wo alles so geregelt abläuft und sie genau weiß, was sie wie tun muss, wohlfühlt und ihr ganzes Leben darauf ausrichtet.

  2. Hallo,

    ich habe das Buch zum ersten Mal gelesen und fand es in Ordnung. Dementsprechend würde ich das Buch nur bedingt weiterempfehlen, es war aber für mich kein absolutes Highlight.
    Wahrscheinlich werde ich das Buch nicht nochmal lesen.
    Den Schreibstil fand ich gut und angenehm. Auch die Übersetzung hat mir gefallen.
    Die Charaktere fand ich interessant aber sowohl Keiko, mit ihrem selbstauferlegten Konformitätsdruck, als auch Shiraha mit seiner selbst auferlegten Opferolle, fand ich eher unsympathisch.
    Wie schon in meinem Kommentar den ich bei der “Während des Lesens Diskussion” geschrieben habe ist Keiko für mich psychopatisch. Laut Wikipedia ist eine Psychopathie dadurch gekennzeichnet, dass sie “…mit dem weitgehenden oder völligen Fehlen von Empathie, sozialer Verantwortung und Gewissen einhergeht”. Zumindest meiner Meinung nach, treffen diese Kriterien auf Keiko zu. Sie wundert sich, dass ein schreiendes Baby nicht durch ein Messer ruhig gestellt wird (fehlende Empathie) und hat auch kein schlechtes Gewissen als sie zwei streitende Kinder mit der Schaufel niederschlägt (kein Gewissen). Deswegen ist sie für mich auch kein gutes Beispiel für eine japanische Single-Frau, die in einem Japan mit hohen sozialen Erwartungen und Anforderungen zurechtkommen muss, wie es in vielen Rezensionen im Internet steht. Sie ist für mich ein absoluter Sonderfall und hat sich zudem den Konformitätsdruck selbst auferlegt. Wenn sie wirklich emotionslos ist müsste es ihr auch egal sein, ob andere sie für merkwürdig halten. Auch Shiraha könnte jeder Zeit etwas an seiner Situation ändern, wenn er nicht immer bei anderen oder der Gesellschaft die Fehler suchen würden.
    Vieles was in dieses Buch hereininterpretiert wird stimmt vielleicht auch und trifft oft auch auf die japanische Gesellschaft zu, dieses Buch hat meiner Meinung nach aber keine gute Bild von Personen gezeichnet, die unter den Anforderungen der japanischen Gesellschaft leiden. Die eine Person leidet an selbst auferlegtem Konformitätsdruck und die andere an einer chronischen Opferrolle. Keine der beiden Personen leidet an dem japanischen Gesellschaftssystem.
    Hab zwar so eine Meinung bisher noch nirgendwo finden können, aber für mich war es so.^^

    ~ Tim

    • Ruth Leukam

      Hallo Tim,
      Ich denke, dass Keiko an einer leichten Form von Autismus leidet, d.h. sie kann sich nicht in die Gefühle anderer einfühlen und kann Verhaltensweisen anderer nicht deuten. Deshalb ziehen sich solche Menschen auch verstärkt in sich zurück. Psychopathisch meint, glaube ich, etwas anderes.
      Aber ansonsten interpretiert natürlich jeder ein Buch anders. Es gibt da kein richtig oder falsch.
      Liebe Grüße
      Ruth

  3. Ruth Leukam

    Ich habe diese Leserunde zum Anlass genommen, den Roman zu lesen. In verschiedenen Rezensionen bin ich auf den Titel gestoßen und die Thematik hat mich interessiert.
    Mich hat das Buch nicht enttäuscht und ich werde es in meinem Lesekreis vorstellen ( vielleicht wäre es auch ein Buch zum gemeinsamen Lesen ).
    Das Buch liest sich leicht, ist aber keineswegs simpel. Der Titel gefiel mir in seiner Doppeldeutigkeit. Zum einen hütet Keiko wirklich dieses Geschäft. Sie überlegt ständig, welche Verbesserungen sinnvoll wären, wie man bestimmte Produkte gezielter verkaufen kann usw. Sie identifiziert sich völlig mit ihrem Laden, kennt ihn auch besser, als alle anderen Mitarbeiter, da sie am längsten hier arbeitet. Andererseits trifft auf sie der abschätzige Begriff „ Ladenhüter“ zu. Als Alleinstehende wird sie von den übrigen als eine betrachtet, die keiner will. Der Begriff fällt auch selbst in diesem Sinn im Roman . „ …aber Miki, die andere Unverheiratete, flüsterte mir ins Ohr : „ Wir sind hier die Ladenhüter.“ ( S. 71 )
    Ich kann kein Japanisch, deshalb würde mich interessieren, ob der Originaltitel mit dem deutschen Titel übereinstimmt.
    Die Figur der Keiko war mir in ihrer Eigenartigkeit sympathisch. Ich habe bewundert, wie sie versucht, ein für sich richtiges Leben zu führen. Allerdings werden die Ansprüche von außen immer drängender. Aber Shiraha kann keine Lösung sein. Er war mir total unsympathisch. Wobei ich beide Figuren als leicht überspitzt dargestellt empfunden habe.
    Den Einblick in die japanische Gesellschaft fand ich sehr spannend. Hier ist der gesellschaftliche Druck noch viel stärker als bei uns. Und der Arbeitsalltag ist anscheinend stärker normiert und reglementiert. Der morgendliche Appell ist schon sonderbar . Beim Beschreiben der Arbeitswelt wurde ich an Amelie Nothombs Roman „ Mit Staunen und Zittern“ erinnert.
    Mit „ Die Ladenhüterin“ bietet die Autorin Sayaka Murata einen aufschlussreichen, leicht satirischen Einblick in die japanische Gesellschaft mit einer ungewöhnlichen Protagonistin. Lesenswert!

    • stefan schwarck

      Liebe Ruth, der Titel stimmt nicht mit dem japanischen Original überein. Ich habe das Buch zuerst in der englischen Ausgabe gelesen. Dort lautet der Titel “Convenience Store Woman”. Der japanische Titel “Konbini ningen” heißt direkt übersetzt “Konbini Mensch”, also geschlechtsneutral. Ich muss gestehen, dass mich die Doppeldeutigkeit des deutschen Titels ziemlich aufgeregt hat. Den Lesenden wird damit von Beginn an ein einseitiges Bild von Keiko gezeichnet. Ohne die negative Konnotation (wie es bei mir beim Lesen der englischen Ausgabe der Fall war) ergibt sich ein ganz anderes Bild dieser ungewöhnlichen Frau – und eine andere Perspektive der Kritik an gesellschaftlichen Normen: Keiko erscheint dann als eine Frau, die trotz oder wegen ihrer Besonderheit, einen Weg findet, ohne aufzufallen glücklich zu werden. Es wundert mich, dass der deutsche Titel hier so gefeiert wird. Das Buch – und die Figur der Keiko – sind aber in jedem Fall großartig.

  4. Der Buchkritik Sarinas schliesse ich mich „fast“ vollumfänglich an. Der Schreibstil der Autorin Murata behagt mir absolut. Was Sarina zum Thema gesellschaftlicher Druck aussagt, stimmt einesteils, anderseits ist mein Eindruck, dass ein grosser Teil der Gesellschaft dort nicht eben leidet, da sich Japaner viel, viel besser anpassen können ( was nicht nur negativ sein muss). Und, so in ihrer Art sicher auch weniger anspruchsvoll und selbstbezogen wie wir in unsern Breitengraden.
    Ich habe in fünf Japan Aufenthalten mit Reisen kreuz und quer, vielfach allein, mit Begegnungen aller Art, sehr viel beobachten können. Keikos gibt es sicher viele.
    Das Leben im Konbini und der Alltag einer Konbini Angestellten wird dermassen echt und realistisch dargestellt, dass man beim Lesen geradezu selber in diese Atmosphäre versetzt wird.
    Obwohl eine gewisse Tragik mit dieser Rolle der Keiko verbunden ist, faszinierend beschrieben.

    • In dem Punkt, dass ein Großteil der japanischen Gesellschaft klar kommt und sich wohl auch ‘gerne’ fügt, stimme ich dir gerne zu. Der große Teil der Gesellschaft kann das auch und kommt mit den Gegebenheiten klar.

      In Keikos Fall (und wahrscheinlich vielen weiteren) ist das aber gar möglich. Weder weiß sie, was erwartet wird noch weiß sie, wie man mit den Gefühlen anderer umgeht – von ihren eigenen ganz zu schweigen. Mein Gedanke beim ersten Lesen war, sie weist autistische Züge auf… Jetzt beim zweiten Mal hat sich die Vermutung sogar noch etwas gefestigt. Diese unbekannte ‘Mauer’ zwischen ihr und der Welt macht es wahrlich nicht einfach.

  5. Sarina

    Hallo meine Lieben,

    das Buch habe ich schon ein Mal gelesen und nahm diese Leserunde zum Anlass es nochmals zur Hand zu nehmen. Damals war es ja ein ziemlich einschlagender Erfolg und ich glaube, es liegt vor allem daran, weils die heutige japanische Gesellschaft so gut widerspiegelt. Gerade in einer Gesellschaft die Wert auf traditionelle Rollenbilder legt und die einen bestimmten Werdegang vorschreibt, fallen “Außenseiter” aus dem Raster. Außenseiter heißt hier vor allem Menschen, die vielleicht eine eigene Berufung gefunden haben und nicht der breiten Masse folgen können oder wollen. Keiko kämpfte sich ja schon ihr Leben lang durch die Gesellschaft und versuchte so gut es geht hineinzupassen. Ihre persönlichen, gesundheitlichen Vorrausetzungen machten ihr das nie leicht und wurden vielleicht auch nie wirklich beachtet. Im Konbini findet sie dann einen Weg gut klar zu kommen in dieser Gesellschaft, die nur weiter Druck ausübt und sie zunehmends doch weiter hinaus drängt. So oder so ähnlich wird es vielen Japanern gehen und wer sich nicht fügt, hat es ein Leben lang schwer… Eben dieser gesellschaftliche Druck führt zu vielen Problemen, nicht ohne Grund gibt es beispielsweise mittlerweile so viele Hikikomori (Menschen, die sich daheim einpuppen und selten das Haus verlassen). Und als der Hauptcharakter dann doch versucht ein halbwegs gesellschaftsfähiges Leben zu führen, ist es auch wieder nicht wirklich recht. Keiko tut mir da sehr leid, weil sie ja eigentlich doch zufrieden zu sein scheint mit ihrem Leben.

    Sayaka Murata hat da ein gutes Abbild der heutigen Gesellschaft geschaffen.
    Der Schreibstil passt so gut zur Geschichte und zu dem Hauptcharakter dieser Geschichte.

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