Diese Diskussionsrunde ist für alle gedacht, die das Buch fertig gelesen haben. Hier darf frei von der Leber weg ohne Einschränkungen darüber gesprochen werden.
So funktioniert diese Diskussionsrunde:
Du kannst gerne allgemein schreiben, wie dir das Buch gefallen hat.
In den folgenden Tagen folgen Fragen, die als Diskussionsanregung dienen sollen.
- Hattest du das Buch zum ersten Mal oder erneut gelesen?
- Wie hat es dir gefallen? Würdest du es weiterempfehlen?
- Kannst du dir vorstellen, es irgendwann noch einmal zu lesen?
- Wie gefiel dir der Schreibstil der Autorin? Was hältst du von den vielen Listen?
- Wie kommst du mit Sei Shonagons Wesen und zum Teil doch recht herabschauender Art und Weise zurecht?
- War es für dich ein Problem, dass das Buch kein Roman sondern ein Tagebuch ist?
- Was hältst du vom Kaiserhof und dem hohen Stellenwert von Lyrik zu dieser Zeit?
Du kannst mitdiskutieren, indem du einen Kommentar hinterlässt.
Diskussionsrunde vor dem Lesen
Diskussionsrunde während dem lesen
Hinweis: Meine Ausgabe des Buches wurde mir auf meine Anfrage hin vom Verlag zur Verfügung gestellt.
Hi,
ich bin jetzt auch endlich dazu gekommen das Buch zu Ende zu lesen. Ich habe das Buch zum ersten Mal gelesen. Es hat mir schon ganz gut gefallen, aber ich fand ein bisschen schade, dass man manche Wortwitze und Wortspielerein auf Grund der deutschen Übersetzung nicht verstehen konnte. Ich hätte mich gefreut, wenn es dann neben der Erklärung auch noch den Originaltext im Anhang gegeben hätte.
Ich könnte mir vorstellen das Buch nochmal auf Japanisch zu lesen, im Deutschen würde ich es wahrscheinlich nur nochmal grob durchlesen, um mir interessante Stellen zu markieren.
Der Schreibstil der Autorin ist, da es sich um eine Übersetzung handelt schwer einzuschätzen.
Die Listen haben mich gefreut, da man den Abschnitt schnell durchlesen konnte.
Da ihr ja teilweise, wie im Nachwort geschrieben steht, bekannt war, dass die Texte veröffentlicht werden, könnte ich mir vorstellen, dass die herabschauende Art gegenüber dem Pöbel auch der Profilierung galt. Aber gleichzeitig ist es natürlich auch so, dass man die Haltung gegenüber der einfachen Bevölkerung nicht so einfach in unsere heutige Zeit übertragen kann. Ich habe sie jetzt auch nicht als sonderlich unsympathisch wahrgenommen.
Ich würde nicht sagen, dass es ein Problem war, dass es sich um ein Tagebuch handelt, aber es hat dadurch bei mir länger gedauert, da es ja keine Spannungsbögen oder ähnliches gibt. Andererseits hat dieses Buch viele interessante Dinge aus dem alltäglichen Leben vermittelt wie es nur in einem Tagebuch möglich ist. Ich fand z.B. sehr interessant, dass in Japan schon in der Heian-Zeit Kakigori mit Sirup gegessen wurde, was ja auch heute im Sommer in Japan noch sehr beliebt ist.
Dass die Lyrik einen so hohen Stellenwert bei Hofe hatte, fand ich eigentlich ganz lustig. Auch, dass teilweise nur über Gedichte kommuniziert wurde. Gleichzeitig fand ich aber ein bisschen schade, dass die Gedichte in der deutschen Übersetzung teilweise nicht richtig wirken können, da hätte ich mich, wie oben bereits erwähnt, über eine Angabe des Originaltextes im Anhang gefreut.
Grüße
Tim
Hallo,
nun kann ich auch mal mein eigenes Fazit einbringen… Ich gebe zu, dass ich echt etwas gebraucht habe um rein zu kommen. Vielleicht mag es dran liegen, dass es immer nur kurze Blitzlichter im japanischen Alltag am mittelalterichen Hofe sind und mir vor allem am Anfang einiges an Zusammenhängen gefehlt hat. Das Nachwort wäre vielleicht besser am Anfang gewesen… Erst nach der Lektüre des Nachwortes konnte ich die Einträge etwas mehr zuordnen und die Zusammenhänge und Hintergründe besser verstehen. Danach waren mir manche Passagen klarer.
Die Autorin Sei Shonagon hat einen schönen Stil zu schreiben. Ihre Beobachtungsgabe und Wortgewandheit ist wirklich erstaunlich. Gerade diese Fähigkeiten machen dieses Buch interessant, weil es seltene Einblicke in einen wenig überlieferten Alltag bietet. Beim Lesen musste ich das ein oder andere Mal schmunzeln, aber manchmal war ich auch etwas schockiert. Gerade ihre „Hochnäsigkeit“ in manchen Situationen hat mich schon getroffen. Aber vielleicht ist dies einfach auch ihrem Stand und Umgang zu zuschreiben. Wahrscheinlich war das zu jener Zeit aber auch Gang und Gäbe, gerade bei den Adeligen/Intellektuellen.
In einem Punkt kann ich Susanne zustimmen: Die Aufzählungen von Bergen oder Seen waren weniger interessant und habe ich meist nur überflogen. Die Geschichten/Anektoden oder auch ausführlichere Beschreibungen ihrer Interessen und der Umgebung waren für mich spannender.
Ich hatte schon vor dieser Leserunde überlegt, dieses Buch mal in die Hand zu nehmen, aber gerade weil es kein Roman an sich ist, hat es mich immer wieder abgeschreckt. Obwohl es oft etwas zu alltäglich war und mir manchmal mehr Informationen gefehlt haben, bereue ich diese Lektüre nicht. Letztlich waren gerade die losen Einblicke gut, weil ich zwischenzeitlich auch ein paar Tage ohne weiterlesen auskam und dennoch nicht das Gefühl hatte, etwas von der Geschichte zu vergessen.
Hallo!
Da Susanne meine Punkte schon wirklich alle gut abgearbeitet habe, erst einmal ganz kurz zu den Allgemeinenfragen:
Ich habe das Buch zum ersten Mal gelesen und bin wirklich sehr angetan davon! Dazu hatte ich im Forum während des Lesens schon etwas geschrieben und kann es nur bekräftigen: klug, witzig, zeitlos, manchmal rührend und manchmal ärgerlich, ja auch ab und an etwas langweilig, aber darüber kann ich sehr gut hinweggehen. Wirklich eine schöne Perle aus Zeitzeugenbericht, Lyriksammlung und Tagebuchgedanken.
Ich habe das Buch bereits einer Freundin empfohlen und würde es auch weiterhin tun, allerdings braucht es dafür schon ein spezielles Publikum, das eine gewisse Offenheit für die Form, die Themen und die Zeit hat. Wenn es so etwas wie das „Best-off“- Büchlein des Kopfkissenbuches gibt, würde ich das sicherlich öfter verschenken. Gerade die kurzen, knackigen Kommentare lösen sicher bei allen ein Schmunzeln aus.
Ob ich es noch einmal lesen würde? Ja, nciht sofort, aber da ich verschlafen habe mir viele gute Stellen zu kennzeichnen bzw. rauszuschreiben, werde ich es in den nächsten Tagen noch einmal grob überfliegen und ich kann mir auch gut vorstellen, immer mal wieder in diesem Buch nach der ein oder anderen guten Anekdote für einen Brief zu suchen (ich schreibe noch Briefe und versehe die gerne mit Gedichten oder Zitaten aus Büchern, die ich in dieser Zeit lese). Um es noch einmal komplett zu lesen, müsste etwas mehr Zeit vergehen, da schon wieder viele neue spannende Titel in meinem Regal auf ihren Einsatz warten, aber wer weiß?
Alles andere hatte ich eigentlich Susanne unter ihren Eintrag geschrieben, ich befürchte aber, er könnte aus irgendeinem Grund nicht angezeigt werden. Falls das der Fall sein sollte, werde ich ihn demnächst noch einmal tippen, aber heute nicht mehr. Ich freue mich schon auf die nächsten Eindrücke und wünsche einen schönen Abend! =)
Herzliche Grüße
Rivka
Liebe Susanne,
also ich war fast der Überzeugung, den Text hätte ich im Schlaf geschrieben und damit eine Art Deja-vu- Erlebnis gehabt, denn du hast wirklich alle Elisa-Fragen so beantwortet, wie ich es auch getan hätte! Daher brauche ich gleich nur ganz knapp die allgemeinen Fragen beantworten und kann mit dir gleich etwas tiefer in die Materie einsteigen, wenn du magst.
Und zwar hast du zum einen die Gedichte erwähnt und da bin ich gleich aufmerksam geworden. Ich LIEBE Gedichte, neue, alte … egal! Und ich war immer wieder platt, wie gut die Adeligen einen ganzen Packen an Gedichten auswendig gekannt haben müssen, hier beeindruckt mich übrigens auch die Kaiserin, die wirklich eine überaus kluge Frau gewesen zu sein scheint. Ich habe mir mal das Experiment gegönnte zu überlegen, wie das wohl heute wäre, wenn man versuchte nur durch einzelne Verszeilen eines Gedichtes eine Botschaft an jemanden zu schicken und musste erst lachen und dann Einsehen, dass das heutzutage vielleicht noch bei wahren Liebhabern funktionieren könnte, aber selbst ich mit meiner Gedichtsliebhaberei sehr schnell auflaufen würde. Immerhin hat mir das doch gezeigt, dass ich mich meinen Lieblingsgenre doch anders intensiv widmen muss. Ah und es hat bei mir den Wunsch ausgelöst diese Anthologien, die immer mal wieder erwähnt werden zu lesen. Ich habe zwar Haikus auch in meiner Sammlung, aber bisher nur einen Band zu einem Dichter, alles andere sind Zusammenstellungen von verschiedenen Autoren und meist Themen gebunden. Das ist eben doch nicht dasselbe. Wie stehst du dazu? Hattest du beim Lesen auch irgendwann einmal gedacht: Ach sieh an, das würde ich aber auch gerne mal lesen?
Ich fand es auch immer schön von den Sagen und Legenden zu hören. Davon gibt es in Japan so viele und trotz vieler Parallelen sind sie doch nie ganz gleich.
Liebe Susanne, du hattest auch schon ein paar Stellen aus dem Buch zitiert – wunderbare Idee! Leider ist die Geschichte unter Abschnitt 226 etwas zu lang zum zitieren, aber die Geschichte gefiel mir sehr darin. Sie erinnerte mich ein wenig an die Ödipuserzählung.
Mir gefallen ganz besonders die Briefe, die zwischen Sei und der Kaiserin hin- und hergehen. Es ist schon fast putzig, wie die Kaiserin in schon fast „verliebter“ Manier immer wieder nach ihr verlangt. Ich hab mich dabei oft gefragt, ob das wohl so üblich war.
Wo ich noch nicht ganz hintergestiegen bin, ist der „Sex-Codex“, also die hohen Adeligen sowie der Kaiser und die Kronprinzen durften sich frei Damen wählen. Gleichzeitig heißt es im Nachwort die Damen hätten durchaus die Möglichkeit gehabt abzulehnen (immer??) und wirklich alle Damen oder nur die, die unverheiratet sind? In einem Abschnitt spricht Sei mal von dem ein oder anderen Stelldichein, aber war das vor oder nach ihrer zweiten Ehe?
In dem Kontext tat mir auch gegen Ende des Buches die eine Dame etwas Leid, die sie mit ihrem Liebhaber doch ziemlich aufs Korn genommen hat.
Im Anhang werden noch zwei andere Schriftstellerinnen genannt, die eine hatte sich negativ über Sei geäußert. Die Dame finde ich ganz spannend, da ich gerne wüsste, ob sich wohl zu der Zeit auch mal jemand etwas Positives oder gar Sozialrevolutionäres zu dem immer sehr unfair gezeichneten Bauernvolk geschrieben hat. Bei den Ama-Taucherinnen hatte sie ja auch Mitleid, im Gegensatz zu dem armen Kerl, dem die Hütte abgebrannt ist. Das fand ich schon echt hart, dass man den nicht nur allein ließ, sondern auch noch veräppelte. Da würde ich z. B. auch gerne wissen, ob in manchen Fällen danach nicht trotzdem eine Geldspende folgte. So. Ich war so dumm und habe zu spät Zettelchen an die guten Stellen geklebt. Ich muss noch einmal alles in Ruhe durchgehen, mir ist doch schon wieder viel entfallen, was ich mir an sich rausschreiben wollte.
Viele Grüße
Rivka =)
Ich bin fertig mit der Lektüre. Wie immer habe ich auch hier im Anschluss meine Gedanken, Gefühle und Eindrücke in Worte gefasst. Es ist für mich wichtig, das zu tun, weil das Gelesene dann besser haften bleibt. Ich poste das jetzt einfach mal und freue mich dann später auf einen Austausch mit Euch.
Meine Eindrücke/meine Rezension:
Wer Lust hat, einmal weit über den Tellerrand hinauszublicken, sollte dieses überwiegend interessante und oft amüsante Werk lesen und sich in eine völlig andere Zeit und Kultur begeben.
Beim „Kopfkissenbuch“ wird der Leser von der einstigen Hofdame Sei Shōnagon 1000 Jahre zurückkatapultiert und in den Kaiserpalast Japans entführt.
Es handelt sich hier nicht um einen Roman, sondern um eine in Kapiteln gegliederte Aneinanderreihung von Listen, Erinnerungen und Gedanken der Autorin.
Sie vermittelt in einer Art Brainstorming tiefe Einblicke in den Palastalltag. Der Leser bekommt eine gute Vorstellung von den Gepflogenheiten bei Hofe, von der höfischen Etikette, von der Bedeutung von Gewändern und erlesenen Stoffen, von buddhistischen Vorträgen, von Dichtkunst und von Festtagen sowie von den Haltungen, Gedanken und Gefühlen der Menschen, die zu den sogenannten Ranghöheren im Palast gehörten.
Vor dem geistigen Auge entstehen lebendige Bilder, Szenen und Filme.
Formal besteht das Buch aus 3 verschiedenen, nicht chronologisch geordneten, sich abwechselnden Arten von Kapiteln:
-Auflistungen konkreter Dinge
-Abschnitte, in denen sie Gedanken und Meinungen anhand von Beispielen kundtut
-Kapitel, in denen sie Erlebnisse schildert.
Die Auflistungen fand ich nur mäßig interessant und deshalb langweilten sie mich. Zum Teil war es da dann auch unnötig, zu den Anmerkungen nach hinten zu blättern, weil sie keine besonders erhellende Aussage hatten.
Es waren dies z. B. Auflistungen von Bergen, Schluchten, Brücken, Kräutern, Blumen, Tieren, Bäumen…Diese Listen überflog ich irgendwann nur noch recht oberflächlich.
Die nach dem gleichen Schema aufgebauten Abschnitte mit Überschriften wie „Bange Gefühle“, „Gegensätzliches“, „Was mit den Erwartungen nicht im Einklang steht“, „Unausstehliches“, „Worüber ich mich totärgern könnte“… interessierten, faszinierten und amüsierten mich nicht zuletzt deshalb, weil so viele Parallelen und Überlappungen zwischen heute und damals festzustellen waren.
Um einen Eindruck von diesen Abschnitten zu vermitteln, zitiere ich im Folgenden ein paar Kostproben:
„Bange Gefühle weckt auch ein Kleinkind, das noch nicht reden kann, wenn es sich trotzig gebärdet und schreit, ohne sich auf den Arm nehmen zu lassen.“
„Ein Besucher, der genau dann kommt, wenn ich dringende Dinge zu erledigen habe, und dann endlos daherschwatzt ist sehr unangenehm!“
„Wenn mir bei einem Brief, ganz gleich ob ich ihn von mir aus oder als Antwort auf einen erhaltenen Brief verfasst habe, der eine oder andere viel treffendere Ausdruck erst einfällt, wenn ich ihn schon abgeschickt habe – dann könnte ich mich totärgern. “
Die Kapitel, in denen Sei Shōnagon Erlebnisse an ihre Zeit als Hofdame erinnert und beschreibt, haben mich gefesselt und begeistert.
Das Werk ist in gut lesbarer, flüssiger, lebendiger einfacher und direkter Sprache geschrieben, wobei die verschiedenen Rangbezeichnungen und japanischen Namen sowie das Hin- und Herblättern zu den meist hilfreichen, aber bisweilen überflüssigen Anmerkungen am Ende des Buches, die Lektüre immer wieder ins Stocken bringen.
Die selbstbewusste, ca. 30jährige Autorin ist eine äußerst interessante Frau, die scharfsinnig beobachtet, kein Blatt vor den Mund nimmt und schreibt, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Sie hat klare Prinzipien, unumstößliche Ansichten und unverrückbare Meinungen.
Sie hat zu wirklich allem etwas zu sagen, ist schlagfertig und gewitzt.
Manchmal musste ich wegen der herablassenden, unsensiblen Art der Autorin und der damaligen höherrangigen Hofleute schlucken.
Nicht selten musste ich schmunzeln und ab und zu war ich, wie bereits oben erwähnt, gelangweilt.
Die konservative und traditionsbewusste Autorin war Tochter eines Lyrikers und hatte nicht nur eine Vorliebe, sondern ein herausragendes Talent für Wortspiele und Gedichte.
Im damals beliebten Stehgreifdichten war sie äußerst bewandert.
Sie war sehr modebewusst und extrem belesen.
Sehr interessant und hilfreich für ein besseres Verständnis sind Nachwort und Glossar.
Summa summarum:
Ich bin froh, dass ich mir dieses Werk vorgenommen habe, weil ich japaninteressiert bin, viel Neues gelernt habe und überwiegend recht gut unterhalten wurde.
Und jetzt bin ich froh, dass ich es beendet habe und dass ich es beiseite legen und mich wieder einem „richtigen Roman“ zuwenden kann.