Das Buch wurde mir freundlicherweise vom DuMont Buchverlag zur Verfügung gestellt.
„Kirschblüten und rote Bohnen“ ist einer der Fälle, bei denen mir der Film vor dem Roman begegnete. Unser kleines Programmkino in meiner Heimatstadt zeigte gelegentlich Streifen aus dem Lieblingsland und diese ließ ich mir natürlich nie entgehen. Kirschblüten, Bohnenpaste, es versprach eine kurze Japan-Auszeit zum Träumen und Schwelgen zu werden. Umso überraschter und berührter war ich von dem Thema, dass die Geschichte behandelt. Wodurch bei mir erst recht die Neugierde geweckt war, auch einen Blick in den zugehörigen Roman zu werfen.
„Kirschblüten und rote Bohnen“ von Durian Sukegawa
Sentaro betreibt einen kleinen Imbiss für dorayaki, eine japanische Süßigkeit, die man sich wie zwei kleine, dicke Pancakes vorstellen kann, in deren Mitte sich klassisch süße, rote Bohnenpaste (an 餡) befindet. Früher einmal für ein kleines Delikt verurteilt, landete der Ex-Häftling über einen ehemaligen Boss im Imbiss Doraharu, wo er tagein tagaus völlig freudlos dorayaki bäckt. Die kichernden Schulmädchen, die gerne mal behaupten sie hätten Kirschblüten im Gebäck gefunden, um nichts bezahlen zu müssen, gehen ihm auf die Nerven. Er hat kein Ziel im Leben und trinkt zu viel.
Sein Geschäft läuft nicht besonders gut, dennoch benötigt er dringend Hilfe bei der Arbeit und hängt einen Zettel aus. Daraufhin tritt die alte Tokue mit ihren verkrüppelten Händen in sein Leben. an, die rote Bohnenpaste ist ihre Spezialität. Sentaro ist skeptisch und möchte die Alte wieder loswerden, doch diese bleibt hartnäckig und obendrein schmeckt ihr an so fantastisch, dass es mit dem Imbiss bald bergauf geht.
Auch Wakana, eine ruhige jugendliche aus einer armen Familie, mag die Alte gern und so entstehen neue zarte Bande zwischen diesen drei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Leider hält das kleine Glück nicht lange vor, als sich herumspricht, welcher Krankheit Tokue ihre entstellten Hände zu verdanken hat.
Der erste Satz
„Tag für Tag stand Sentaro an der gusseisernen Platte in seinem Imbiss und backte Dorayaki – kreisrunde, mit An, süßer roter Bohnenpaste, gefüllte Pfannküchlein.“ (Sukegawa, DuMont, 2019, S. 5)
Meine Meinung
an, so lautet der japanische Name des Romans. an wie die rote, süße Bohnenpaste, die jeden Morgen über Stunden zubereitet werden muss, damit sie so schmeckt, dass sie glücklich macht. Diese für unsere europäischen Gaumen so befremdliche Süßspeise ist es, was die drei Hauptpersonen des Romans zueinander bringt und verbindet. Tokue und ihre Hingabe in der Zubereitung verändern, wie Sentaro und Wakana die Welt sehen.
Dabei ahnen sie nichts von Tokues schlimmer Vergangenheit. Und auch als Leser ohne Vorwissen staunt man nicht schlecht, welchen dunklen Fleck von Japans Vergangenheit man durch die Geschichte der liebenswerten, alten Damen kennenlernt. Worum es geht, möchte ich nicht verraten, um dir nicht die Erfahrung zu nehmen, die mir beim Schauen und Lesen zuteil wurde.
Aber nicht nur Japans früherer Umgang mit Kranken wird thematisiert, auch aktuelle gesellschaftliche Probleme spiegeln sich in den Leben der Protagonisten wieder. Armut, Alkoholismus und immer der Druck, der Norm zu entsprechen. Auch das feudal anmutende Prinzip der Loyalität, das Sentaro gegenüber seinem ehemaligen Boss, beziehungsweise dessen Witwe, an den Tag legt regt zum Nachdenken an. Muss ich mich ewig für einen alten Fehltritt schuldig fühlen, für einen alten Gefallen dankbar sein oder ist es auch irgendwann an der Zeit, dass ich mich um mein eigenes Leben und vor allem Glück kümmere.
Egal ob als Buch oder Film, „Kirschblüten und rote Bohnen“ erzählt auf wunderbar ruhige Art vom Glück und der Grausamkeit des Schicksals.
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Ich liebe die Paste aus roten Bohnen. Da muss ich das Buch wohl dringend lesen… ;-)
Haha, da geht wohl kein Weg daran vorbei