"Der nutzlose Mann" von Yoshiharu Tsuge.

Mangatipp: „Der nutzlose Mann“ – Yoshiharu Tsuge

Das Buch wurde mir freundlicherweise von Reprodukt zur Verfügung gestellt.

Wohl nicht viele Autoren können es sich auf die Fahnen schreiben, ein eigenes Genre erschaffen zu haben. Yoshiharu Tsuge ist genau dies gelungen. In den 1960er Jahren prägte er vor allem durch seine Kurzgeschichten, die in Deutschland im Sammelband „Rote Blüten“ erschienen sind, das „Ich-Comic“ (watakushi manga 私漫画). „Der nutzlose Mann“ erzählt eine längere, zusammenhängende Geschichte, die weit weniger verstörend ist als seine kürzeren Werke und doch brilliant unangenehmen vom „Werde“gang eines Versagers erzählt.


Der nutzlose Mann
Yoshiharu Tsuge

ISBN 978-3-95640-215-9

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„Der nutzlose Mann“ von Yoshiharu Tsuge

Der japanische Titel und Name des Autors sind mit UV-Lack auf dem Cover von "Der nutzlose Mann" aufgebracht.
Der japanische Titel und Name des Autors sind mit UV-Lack auf dem Cover von „Der nutzlose Mann“ aufgebracht.

Sukegawa Sukezo ist Mangazeichner. Er kann nicht besonders gut davon leben und eigentlich macht es ihm auch keinen Spaß. Also sattelt er um. Mal auf den Handel mit gebrauchten Kameras, mal versucht er eine Zeitschrift herauszugeben, mal hilft er beim Schmuggeln von Reis. Er ist ein Glücksritter, der leicht von Ideen zu begeistern ist, aber träge in der Umsetzung. Die gesellschaftlichen Erwartungen an ihn lassen ihn erst recht erlahmen.

Sein familiäres Leben mit Frau und Sohn gestalten sich dadurch immer schwieriger. Wachsende Verachtung schleicht sich in die Ehe ein, so weit, bis seine Frau ihn auf der Straße ignoriert, weil sie sich so sehr für ihn schämt.

Wie schon bei Tsuges Kurzgeschichten stehen ausgearbeitete Hintergründe und comichafte Figuren im starken Gegensatz zueinander.
Wie schon bei Tsuges Kurzgeschichten stehen ausgearbeitete Hintergründe und comichafte Figuren im starken Gegensatz zueinander.

Mittlerweile hat er sich in den Kopf gesetzt mit dem Verkauf von Steinen das große Geld zu machen. Dafür sucht er am Flussufer solche, die ihm gefallen. Allerdings haben sie weder Seltenheitswert noch sind sie besonders schön. Ihm begegnet nur noch Unverständnis.

Meine Meinung

Ich bin jemand, der dafür kämpft, die eigenen Träume zu verwirklichen. Die Hauptfigur in Yoshiharu Tsuges „Der nutzlose Mann“ ist das genaue Gegenteil davon. Das machte es mir schwer, ihn auf seinem Weg zu begleiten, denn dies ist eine Geschichte, die auf eine plötzliche Kehrtwende zusteuert, bei der der „Held“ auch ein solcher wird. Stattdessen sieht der Leser einem Versager zu, der immer weiter sinkt und seine Familie in Mitleidenschaft zieht.

Dabei leidet der Protagonist nicht offensichtlich an einer Depression, die ihn leistungsunfähig macht. Noch mangelt es ihm an Überzeugung. Immer wieder im Leben entfachen in ihm Leidenschaften. Allerdings ist es immer eher die Idee des Ganzen, die ihm gefällt, statt die Ausführung.

Auf 416 Seiten erzählt Tsuge von einem gescheiterten Mann, der seine eigenen Fehler nicht sieht.
Auf 416 Seiten erzählt Tsuge von einem gescheiterten Mann, der seine eigenen Fehler nicht sieht.

Vor allem der gesellschaftliche und familiäre Druck machen Sezuko zu schaffen und lähmen ihn. Ein Mann hat zu leisten und zu ernähren. Es ist nicht nur, dass er dies nicht kann. Er verspürt keine Lust dazu, diese Rolle anzunehmen. Sein Opfer ist stattdessen Erniedrigung. Diese bewirkt aber nichts Positives, weder für ihn noch für seine Familie.

Bei anderen sieht er die Fehler dafür umso genauer, schafft es aber nicht die Parallelen zu seinem eigenen Leben herzustellen. Und so ist sein größter Fehler, dass er nicht den Unterschied begreift zwischen aussteigen und aufgeben.

Die Gesichter in "Der nutzlose Mann" sind oft schmerzlich einfach gezeichnet.
Die Gesichter in „Der nutzlose Mann“ sind oft schmerzlich einfach gezeichnet.

Der Zeichenstil ist wie schon bei „Rote Blüten“ und anderen Künstlern aus seinem Umkreis geprägt von einem starken Gegensatz zwischen detailreichen Hintergründen und für meinen Geschmack schon zu einfach gezeichneten Comicgesichtern.

In Japan genießt „Der nutzlose Mann“ Kultstatus, denn der Manga traf ein paar Jahre nach seiner Veröffentlichung einen Nerv. Mit dem Platzen der japanischen Bubble Economy erschien zufällig auch 1991 eine Verfilmung zum Comic. Und plötzlich wurde Protagonist Sukezo zu Einem, den man(n) voll und ganz verstand und nacheifern wollte. Ein Hauch von Rebellion hing in der Luft. Gegen die Leistungsgesellschaft, gegen den immer schneller werdenden Alltag, gegen den Zwang, ein „nützlicher Mann“ zu sein.

„Verflüchtigung“ ist der Titel des letzten Kapitels im Buch und Verflüchtigung war es, wonach Tsuge selbst wie die Fans des Mangas sich sehnten. Nur dass Tsuge seinen Lesern aus eigener Erfahrung heraus das Wissen voraus hatte, dass Verflüchtigung ein Wunsch sein konnte, der in der Realität jedoch Leid für andere mit sich bringt.

So ist „Der nutzlose Mann“ von Yoshiharu Tsuge ein vielschichtiges Werk, bei dem jeder Leser selbst feststellen wird, an welchem Ende der Skala er sich befindet. Ist gerade der Wunsch nach Verflüchtigung vorherrschend oder möchte man Sukezo einfach nur in den Hintern treten. Wie geht es dir beim Lesen?

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Der nutzlose Mann
Yoshiharu Tsuge

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