„In den meisten japanischen Häusern gibt es keine Zentralheizung. Ich habe den Winter mit einem Abend Sake und einem Abend öffentliches Bad überstanden. So geht das schon.“ So sprach mein Dozent im Gesellschaftsseminar und ich sitze da mit großen Augen. Keine Heizung? Wie bitte soll ich das überstehen?
Fast Forward zum Winter 2009/2010. Ich sitze in meinem kleinen, dem Himmel sei Dank, neu gebauten Apartment in Okazaki und habe meine eigenen Strategien entwickelt, warm durch den japanischen Winter zu kommen. Und die braucht man auch, wenn man nicht eine unermesslich hohe Stromrechnung haben möchte.
Klimaanlagen statt Heizung
Denn es stimmt, eine Zentralheizung gibt es in unseren Studentenbuden nicht. Allerdings sind wir nicht ohne jegliche Möglichkeit zu heizen, denn eine Klimanalage ist standard. Mit dieser hält man sich im heißen japanischen Sommer kühl und im Winter eben zur Not warm. Das Problem ist aber, dass bei Betrieb der Stromzähler nur so surrt und die Wärme eine sehr kurzweilige und obendrein trockene ist. Wahrscheinlich einer der Gründe, warum Japaner Luftbefeuchter so sehr mögen.
Eine Mitschülerin, die einen älteren und somit (vermeindlichen) günstigeren Wohnkomplex gewählt hat ist gezwungen, die Klima zu nutzen. Sonst fällt die Temperatur in ihrem Zimmer unter Null Grad und Eisblumen an den Fenstern. Aber die Quittung kommt wortwörtlich. Als im nächsten Monat die Stromableser kommen, kippt sie beim Anblick der Rechnungssumme fast aus den Socken. Was war ich in dem Moment froh, mehr Geld in die Miete gesteckt zu haben, denn mein Apartment hält sich wenigstens so zwischen 11 und 16 Grad Celsius.
Immer wieder mal ließ auch ich die Klimaanlage laufen, aber nur selten.
Beheizte Klobrille und tägliche Bäder
Bei beheizten Klobrillen scheiden sich ja die Geister. So mancher findet’s furchtbar, ich habe es geliebt. Die Toilette war besonders kühl und dann das Gefühl haben, man säße auf einer Metallschüssel wie an einem Autobahn-Parkplatz? Schauderhaft! Stattdessen lässt man sich nieder und zumindest die Brille ist mollig warm. Auch wenn es irgendwie verstörend ist, dass man die Klobrille an den Strom anschließen muss, finde diese Erfindung klasse.
Schon immer bin ich eine Badenixe und liege am liebsten stundenlang in der Wanne, entspanne und lese. Seit Japan am liebsten täglich. Denn dort habe ich es mir angewöhnt, wie die Japaner auch, jeden Tag heiß baden zu gehen. Die Wanne war klein, immer nur ein Bruchteil meines Körpers war mit warmem Nass bedeckt, aber so ging diese neue Angewohnheit nicht so ins Geld, wie man vermuten möchte. Und wenn man bis auf die Knochen durchgewärmt ist, stellt man sich den 11 Grad außerhalb des Badezimmers ganz anders.
Einen kotatsu müsste man haben
In japanischen Haushalten findet man meist etwas, was ich mir für meine kleine Bude auch oft gewünscht hätte: einen kotatsu. Das ist ein beheizbarer Tisch mit einer dicken Decke darüber. Man steckt die Beine darunter, während man isst, liest, fern sieht, lernt… In einem Ryokan, einem traditionellen japanischen Gasthaus in Hakone durfte ich für ein paar Tage in den Genuss eines solchen kommen und verfroren wie ich bin, fand ich’s klasse.
Die Nacht überleben
Solange man in der Wohnung aktiv ist, hält man sich automatisch selbst warm. Aber kaum kriecht man zum Schlafen auf den Futon und liegt still: hallo, großes Schlottern. Und ich bin der Typ, der nicht einschlafen kann, wenn mir kalt ist. Also mussten Maßnahmen ergriffen werden. Die erste: den ganzen Winter über habe ich mit Trainingsanzug und dickem Hoodie geschlafen. Nichts, was ich mir für hier jemals vorstellen könnte, allein schon weil nicht so bequem wie ein normaler Schlafanzug, aber dort war es nötig und es ist durchaus schön sich selbst noch in eine Kapuze einzumummeln.
Die beste Idee jedoch, die ich hatte, war im Supermarkt eine Wärmflasche zu besorgen. Es gab nur ein einziges Modell. Dieses war nicht wie bei uns aus Gummi, sondern aus festem Plastik. Ein großes, starres Ding, das ich vor dem Schlafen mit über einem Liter kochendem Wasser füllte, in ein Handtusch einschlug und dann unter die Decke legte. Berührungen damit, versuchte ich zu vermeiden. Dafür war sie anfangs zu heiß und aufgrund ihrer Beschaffenheit zu unbequem. Doch sie strahlte stundenlang herrliche Wärme ab. Seit dem Kauf der Wärmflasche schlief ich endlich gut.
Deshalb hatte ich auch bei der letzten Japanreise über Neujahr eine kleine Babywärmflasche im Gepäck. Fast alle japanischen Hotelzimmer sind mit Wasserkochern ausgestattet, damit man sich Tee kochen kann…oder eben Wasser für einen kleinen Warmhalter unter der Bettdecke.
kairo Wärmekissen für unterwegs
Auf dem Artikelbild oben seht ihr etwas, das einem in der kalten Jahreszeit in jedem Supermarkt und Convenience Store begegnet: kairo Wärmekissen. Dabei handelt es sich um ein Einmal-Wegwerfprodukt. Man öffnet die Packung, durch Kontakt zur Luft kommt es zu einer chemischen Reaktion und das kleine weiße Kissen in der Packung wird für circa 12 Stunden warm. Und zwar richtig warm. Viel mehr als die Wärmepflaster, die es bei uns im Drogeriemarkt gibt.
Deshalb Vorsicht bei der Anwendung: nie direkt über längere Zeit hinweg auf der Haut tragen. Die kissenartigen steckt man sich eh in die Manteltasche oder Schuhe, aber es gibt auch solche zum Aufkleben. Wenn du dir solche holst, denk an mich. Kleb sie auf die Kleidung, zum Beispiel ins innere deiner Jacke, und nicht auf den Rücken, Bauch etc… Eine Freundin von mir wusste es nicht und hat sich Brandblasen geholt.
Wenn ihr mehr wissen wollt, hat Daniela von Nipponinsider einen sehr ausführlichen Bericht über kairo auf ihrem Blog.
Warst du schon einmal im Winter in Japan? Wie bist du gegen die Kälte angegangen? Hast du schon mal kairo ausprobiert?
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Meine erste Reise nach Japan war im Winter. Ich hatte nicht mit so kalten Räumen und Unterkünften gerechnet. In Himeji wollte ich es etwas wärmer haben und buchte mir ein westliches Hotel. Ein Business Hotel ist es gewesen und ich badete erstmal die Versteifungen aus meinen Knochen. Anschliessend wollte ich die Airconditioning in betrieb nehmen, aber leider reagierte das Ding überhaupt nicht. Auf der Fernbedienung waren nur japanische Schriftzeichen und nicht einmal Zahlen oder Celsiuszeichen. Ich benötigte Hilfe und ging an den Empfangsschalter. Der japanische Nachtportier wäre am liebsten davon gerannt als ich kam. Er konnte kein Englisch und die Situation war ihm sehr unangenehm. Ich ging frustriert zurück und fand schliesslich eine zweite Fernbedienung. Darauf drückte ich nun munter herum und siehe da, es tat sich etwas. Der Fernseher sprang an und es lief laut ein japanischer Schulmädchen-Pornofilm ab. Nun hatte ich das Problem, den Fernseher wieder zum Stillstand zu bringen. Mein gemütlicher westlicher Hotelabend in Himeji war die totale Fehlplanung. Seither habe ich Hightech-Funktionsunterwäsche im Gepäck.
Liebe Susanne, verzeih wenn ich herzlich lachen musste. Da ist ja alles schief gegangen, was schiefgehen konnte. Und ich nehme für mich als ToDo mit, nächstes Mal eine Klimaanlagen-Fernbedienung zu fotografieren und hier mal eine Anleitung zu veröffentlichen.
Alles Liebe, Elisa
Joa das mit der Kälte kann ich bestätigen. Zwei der drei Apartment waren null isoliert also lief bei uns der Heizlüfter. Das Ding war immer sehr laut und dennoch fast immer am laufen. Die Stromrechnung möchte ich nicht sehen :( und im Bad erst. Heisser Klodeckel aber der Raum ansonsten bei Null Grad. Brrrrr. Da verkneifst du dir das Klo. Fazit: Hotelzimmer Temperatur super aber eng. Apartment viel Platz aber eiskalt. Tendenz also zu Hotels im Winter.
Ja, definitiv Hotel. Mit den Heizlüftern und Klimaanlagen sind die Wohnungen gar nicht warm zu kriegen. Danke fürs Teilen deiner Erfahrungen.
Alles Liebe, Elisa