Japan hat im Laufe des Jahres viele Feiertage und wichtige Feste. Eines der wichtigsten für die Familie ist Neuhjahr (shōgatsu 正月). Man kehrt nach Hause zurück und es folgen ein paar ruhige Tage, an denen man einer Vielzahl an Bräuchen und Traditionen nachgeht. Im ersten Teil dieser Artikelreihe stellte ich euch alles vor, was Japaner vor und in der Silvesternacht machen. Heute erzähle ich, wie es an Neujahr und den folgenden Tagen mit den Feierlichkeiten weitergeht.
TV-Specials
Nachdem man in der Nacht davor wahrscheinlich lange an Tempel und Schrein unterwegs war und vielleicht sogar bis zum Sonnenaufgang ausgeharrt hat, wird es nun gemütlich. Alle möglichen TV-Shows bringen mehrstündig Specials (gerne mal zwei bis vier Stunden). Also die Füße unter den kotatsu (einen beheizbaren Tisch mit einer Decke darüber) stecken oder aufs Sofa flätzen, Fernseher an- und Kopf ausschalten.
Traditionelles Feiertagsessen
An Neujahr wird in den Familien oft osechi ryōri お節料理 gegessen. Dafür sind zwar einige Speisen typisch, aber eine fixe Festlegung, was in osechi enthalten sein muss gibt es nicht. So können auch chinesische oder westliche Speisen Teil davon sein. Gemeinsam haben alle nur, dass sie in wunderschönen stapelbaren Holz- oder Lederboxen namens jūbako 重箱 angerichtet werden, die in den meisten Fällen quadratisch und nochmals unterteilt sind.
Die Tradition der osechi ryōri kommt von der religiösen Tradition, dass früher in den ersten drei Tagen des neuen Jahres nichts gekocht werden durfte (einzige Ausnahme war zōni-Suppe). Also bereitete man in den Tagen vor Silvester diverse Speisen vor.
Auch wenn nichts Pflicht in einer osechi Box ist, hat die Auswahl der Speisen natürlich eine Bedeutung. Diese hat oft mit den Namen oder dem Aussehen der Lebensmittel zu tun. So heißen Bohnen auf Japanisch zum Beispiel mame, was aber auch „Gesundheit“ bedeuten kann.
In manchen Familien werden osechi nach wie vor traditionell zu Hause zubereitet. Man kann sie aber auch im Supermarkt, Convenience Stores oder Feinkostgeschäften vorbestellen.
Foto: Banzai Hiroaki auf Flickr
Mochi herstellen und essen
Jetzt wird’s gefährlich. An dieser Tradition sterben jedes Jahr vor allem ältere Menschen. Aus Mochireis wird mochi, ein klebriger, sehr zäher Reisbrei/Reiskuchen, hergestellt. Dafür wird der Reis erst gedämpft, kommt dann in einen großen Steinmörser und wird mit einem großen Holzstößel bearbeitet. Nach jedem Schlag wendet ein Helfer den Reisklumpen.
Ich habe selbst schon geholfen, mochi herzustellen, und es ist eine sehr anstrengende Arbeit, weshalb heute größtenteils Maschinen den Kraftaufwand übernehmen. Bekommst du aber die Chance, einmal selbst zu helfen, solltest du sie unbedingt nutzen. Es macht riesig Spaß.
Vorsicht aber eben beim Essen, es besteht akute Verschluckungsgefahr!
Geldgeschenke für Kinder
Eine japanische Neujahrstradition, die Kindern sicherlich besonders viel Spaß macht, sind otoshidama お年玉, bunte Umschläge mit Geld gefüllt. Man schenkt sie Kindern und Jugendlichen. Geschenkt werden sie von Eltern, Großeltern, Onkeln, Tanten, Nachbarn und engen Freunden der Familie. Verbotene Beträge sind 4.000 und 9.000 Yen, da sie Unglück verheißen.
Der Brauch geht darauf zurück, dass Kinder früher Reiskuchen zum Jahreswechsel geschenkt bekamen. Daraus wurden dann kleine Spielzeuge und irgendwann Geld.
Foto: John Nakamura Remy auf Flickr
Überraschungstüten
Geld ausgeben ist auch bei der nächsten Tradition angesagt: fukubukuro 福袋. Da die Tage nach Neujahr die Büros geschlossen bleiben, große Einkaufszentren aber geöffnet haben, ist es für viele eine ideale Zeit, um shoppen zu gehen. Der japanische Brauch will es, dass man mit nichts Altem ins neue Jahr startet. Das nehmen sich die meisten Händler zu Herzen und packen Überraschungstüten mit Waren, die sie nicht weiter im Sortiment behalten wollen. Diese werden zu einem kleinen Preis im Vergleich zum Wert des Inhalts verkauft.
Fukubukuro sind mittlerweile so ein Hype, dass sich lange Schlangen dafür bilden oder beliebte Brands wie Starbucks ihre Tüten in einer Lotterie verlosen, beziehungsweise das Kaufrecht für die Tüten. Fans sichern sich so Items ihrer Lieblingsmarken für kleines Geld und hoffen auf exklusiv für die fukubukuro produzierte Produkte.
Sogar Marken wie Apple oder IKEA (ungelogen, es gab dieses Jahr eine Hot Dog fukubukuro) bieten die beliebten Surprise Bags an.
Ich habe 2018 zum ersten Mal eine Tüte gekauft…und letztendlich nichts mit nach Hause nach Deutschland genommen. 😅 Erst bin ich dem Jagdtrieb erlegen, musste aber dann feststellen, dass ich nichts davon so im Laden gekauft hätte oder brauchen konnte.
Träume interpretieren
Der erste Traum im neuen Jahr (hatsuyume 初夢) in der Nacht von 1. auf 2. Januar wird gedeutet und soll eine Weissagung fürs kommende Jahr sein. Für mehr Glück legt man sich in dieser Nacht gerne ein Bild der sieben Glücksgötter oder deren Schiff unters Kopfkissen. Besonders glücksverheißend ist es, in dieser Nacht vom Fuji, einem Falken oder…ja, ich weiß, ehem…einer Aubergine zu träumen.
Leider bin ich mir sehr sicher, von nichts davon zu beginn diesen Jahres geträumt zu haben xD
Die Neujahrsansprache des Kaisers anschauen
Nur zwei Mal im Jahr hat man als Normalsterblicher die Chance, den japanischen Kaiser zu sehen. Und damit meine ich echt und leibhaftig, mit gerade mal einer dicken Glasscheibe dazwischen. Einmal am Geburtstag des Kaisers und das andere Mal zur Neujahrsansprache am 2. Januar. Wie es funktioniert, dass auch du einmal dem tennō zujubeln kannst, darüber habe ich hier geschrieben.
Das Fest der sieben Kräuter
Am 7. Januar finden die Neujahrsfeierlichkeiten traditionell mit dem Fest der sieben Kräuter nanakusa no sekku 七草の節句 ihr Ende. An diesem Tag isst man einen Reisbrei nanakusa gayu 七草粥, der mit sieben grünen Kräutern zubereitet wird, die es zu der Zeit praktisch als Set im Supermarkt zu kaufen gibt.
Die sieben Kräuter sind in der Regel (es gibt natürlich regionale Abweichungen): Wasserfenchel, Hirtentäschelkraut, Ruhrkraut, Vogel-Sternmiere, Gemeiner Rainkohl, Speiserübe, und Daikon-Rettich.
Foto: Hajime Nakano auf Flickr
Ebisu-Festival
Die letzten Auswüchse von Neujahr finden um den 10.01. an Ebisu-Schreinen statt. Der Glücksgott wird gefeiert und soll vor allem Geschäftsleuten im neuen Jahr einen guten Umsatz durch Bambuszweige mit grünen Blättern bringen. Mehr dazu liest du hier.
Nun kennst du mit Teil 1 dieses Artikels und diesem Post die wichtigsten Bräuche und Traditionen rund um das Neujahrsfest in Japan. War etwas Neues für dich dabei? Hast du das eine oder andere schon mitgemacht oder praktizierst es sogar bei dir zu Hause, auch wenn du nicht in Japan bist? Lass mir einen Kommentar da, ich freue mich sehr darüber.
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Hallo Elisa, vielen Dank. Das hat mir gut gefallen. Ich bin zu einer Neujahrsfeier eingeladen und wollte gerne wissen, was ich dazu noch mitbringen kann. Nun werde ich auf jeden Fall noch eine schöne Karte gestalten.
謹賀新年。
メル
Eine super Idee :) Das kommt bestimmt gut an.