„Bitte keine alten Zahnbürsten mitbringen“ steht auf der Website des Hakusan-jinja (白山神社). Aber warum sollte jemand seine gebrauchte Zahnbürste an einen Schrein bringen, fragst du dich wahrscheinlich gerade. Es gibt über Japan verteilt einige Schreine, die sich neben den üblichen Anliegen wie Studienerfolg, Gesundheit und Liebe auch abgenutzten Alltagsgegenständen annehmen. Oft sind das Nähnadeln oder altes Spielzeug, auch Kämme sind mir schon begegnet. Und der Hakusan-jinja kümmert sich regelmäßig um ausgediente Zahnbürsten. Wenn auch nicht gerade, wie der Hinweis auf der Website deutlich macht. Eigentlich ist die heilige Stätte auch noch für etwas anderes viel bekannter: Der Hakusan-jinja ist Tōkyōs Hortensien-Schrein. Wenn du also bei einer Japanreise im Juni zur Regenzeit in Tōkyō Hortensien sehen möchtest, ist das der ideale Ort dafür.
3.000 Hortensien-Büsche mitten in Tōkyō
Nichts macht die Regenzeit in Japan so schön wie die blühenden Hortensien. Einige Orte sind besonders bekannt dafür. (Ich habe schon über Shimoda und den Myōraku-ji-Tempel in Kawasaki geschrieben.) In der Innenstadt von Tōkyō ist der Hakusan-Schrein die Anlaufstelle Nummer Eins für alle, die gern ajisai, wie Hortensien auf Japanisch heißen, sehen wollen.
Insgesamt an die 3.000 Hortensienbüsche verteilen sich über das Schreingelände. Ein Teil davon säumt den Weg zur Hauptgebetshalle, der Großteil aber befindet sich auf einem Hügel hinter dem Schrein, der eine Miniaturversion des Fuji darstellen soll. Der Zugang zum Hügel ist normalerweise nicht möglich, während des jährlichen Hortensienfests Bunkyō Ajisai Matsuri werden die Pforten allerdings geöffnet. Da der Hakusan-jinja als Hortensien-Hotspot bekannt ist, kommen entsprechend viele Besucher und es wird je nach Uhrzeit vor allem am Wochenende ganz schön voll. Der Festival-Zeitraum variiert von Jahr zu Jahr, in der Regel findet das matsuri aber circa eine Woche lang bis Mitte Juni statt.
Wissenswertes zum Hortensien-Schrein in Tōkyō
Die Geschichte des Hakusan-jinja geht zurück auf das Jahr 948. Insgesamt zwei Mal wurde der Ort des Schreins versetzt. Einmal in den Koishikawa Botanischen Garten, wo er aber dem Bau der Unterkunft des fünften Tokugawa-Shoguns Tsunayoshi weichen musste. So landete der Bau 1655 dort, wo er bis heute steht. Mitten im Stadtteil Bunkyo, nicht weit von der Universität Tōkyō entfernt.
Durch die Verbindung mit dem Shogunat, erhielt der Hakusan-jinja eine besondere Förderung. 1868 kurz nach Ende der Zeit der Feudalherren wählte der Meiji-Kaiser zehn Schreine in Tōkyō aus, die einen besonderen Status erhalten sollten. Der Hakusan-jinja ist einer davon.
Der Name des Schreins geht zurück auf den Berg Hakusan in der Präfektur Ishikawa, welcher der Göttin Kukuri-hime (菊理媛神) gleichgesetzt wird. Sie ist es auch, die gemeinsam mit den beiden mythologischen Gründungsgottheiten Japans Izanami (イザナミ) und Izanagi (イザナギ) am Hakusan-jinja verehrt wird. Laut Legende half sie dabei, einen Streit zwischen den beiden Eheleuten beizulegen. Dementsprechend kommen Besucher an den Schrein, um bei Streitereien in ihren Beziehungen beziehungsweise um generell um Liebesglück zu bitten.
Woher genau der Bezug zu den Zahnbürsten kommt, ist nicht klar. Eine Geschichte besagt, eine Kaiserin wurde hier von Zahnschmerzen befreit. Eine andere Theorie beruft sich auf die Aussprache der chinesischen Schriftzeichen für „Zahnschmerz verschwindet“.
Faktisch belegt ist, dass Sun Yat-sen, der Gründer des modernen China, während seinem Exil in Japan am Hakusan-Schrein beim Betrachten des Halleyschen Kometen die Inspiration dazu bekam, eine Revolution in seinem Heimatland zu starten. Eine Tafel am Schrein gedenkt ihm.
Quellen und weiterführende Links
Bunkyō Ajisai Matsuri – offizielle Website
Japan by Web : Hakusan Jinja: Hydrangeas in Tokyo
Exploring Old Tokyo: Hakusan shrine: local shrine full of history (with hydrangeas)
Exploring Old Tokyo: Admiration for a big flower and service against tooth aches: Bunkyō Ajisai Matsuri
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Die Hortensie auf dem letzten Foto ist wunderschön. Irgendwie erinnert sich an kleine Schmetterlinge. Ich kann mich noch gut erinnern, als du auf Insta uns mit zu den Hortensien genommen hast. Der Wahnsinn!
Da bin ich aber froh, dass es ein Buchprojekt war, was Dich auf Trapp gehalten hat und keine Krankheit oder ähnlich Schlimmes.