„Man kann nicht einfach nach Mordor spazieren“, sagte Boromir im ersten Herr der Ringe. Dabei meinte er eigentlich Kamikōchi, ein malerisches Bergtal in den japanischen Alpen. Wobei, zu Fuß kann man hin, aber nicht unbedingt mit dem Auto. Privaten PKWs ist der Zugang nämlich versperrt. Auch ist das Tal nur zu bestimmten Zeiten zugänglich. Du kannst dir also vorstellen, was dich bei einem Kamikōchi-Tagesausflug erwartet: üppige Natur, wildlebende Tiere (Affen!), romantische Holzstege über Sumpflandschaften und ein atemberaubendes Alpenpanorama. Und all das fast ohne Zivilisation. Obwohl Kamikōchi nicht so leicht zu erreichen ist, kannst du es dennoch als Tagesausflug oder Zwischenstopp bei deiner Japanreise einplanen. In meinem Kamikōchi-Guide erzähle ich dir heute wie.

Kamikōchi – wann ist Saison?
Du kannst nicht ganzjährig nach Kamikōchi. In den Wintermonaten sind die Straßen ins Tal gesperrt. Man kann dann zwar theoretisch dennoch dorthin wandern, muss seine geplante Route aber vorab melden und mietet sich am besten einen Guide, da es auf eigene Faust zu gefährlich ist.
Die offizielle Wandersaison in Kamikōchi startet am 17. April und Endet am 15. November.
Wenn du fit genug bist und Ambitionen hast, einen der Bergtrails zu gehen, solltest du dies zwischen Mitte Juni und Mitte September angehen. Außerhalb des Hochsommers sind die Pfade ähnlich wie beim Fuji verschneit und zu gefährlich.
Warum nach Kamikōchi?
Wenn du an Japan denkst, siehst du dann auch geschäftige Metropolen mit Neonreklamen vor deinem inneren Auge? Vielleicht sind auch mal ein paar Schreine, Tempel, Reisfelder und ein Bambuswald dabei. Aber welch mannigfaltig, wuchernde Natur einen hier erwartet, dass hatte mich an Japan überrascht. Eigentlich kein Wunder: nur ein Bruchteil der Landfläche ist bewohnbar. Der Großteil ist bedeckt mit steilen Bergen und dichten Wäldern. Und Kamikōchi ist ein absolutes Juwel inmitten all dieser herrlichen Natur und somit eine tolle Ergänzung zu deiner restlichen Reiseplanung, wenn du ohnehin ein Abstecher in die japanischen Alpen machen möchtest.
Anfahrt: So kommst du nach Kamikōchi
Als Tagesausflug bietet sich Kamikōchi ideal von Takayama und Matsumoto aus an. Beziehungsweise als Zwischenstopp, wenn du dein Gepäck vorausschickst. Das schmucke Bergtal liegt nämlich genau zwischen den beiden Städten. Die Anreise nach Kamikōchi sieht so aus:
Anfahrt nach Kamikōchi von Takayama aus
Von Takayama aus nimmst du zwei Busse:
- Bus von Takayama nach Hirayu Onsen (stündlich, Fahrtdauer 60 Minuten, ca. 1600 Yen)
- Bus von Hirayu Onsen nach Kamikōchi (2 x pro Stunde, Fahrtdauer 25 Minuten, ca. 1500 Yen einfach, 2800 Yen für ein Hin- und Rückfahrticket)
Der erste Bus startet morgens in Takayama um 6:00 Uhr. Spätestens um 18:30 kommst du mit dem letzten Bus zurück. Den aktuellen Fahrplan findest du hier.
Alternative: Nōhi Bus bietet während der Sommermonate auch einen durchgeplanten Tagesausflug ab Takayama inklusive Mittagessen an. Dabei besuchst du neben Kamikōchi auch die Shinhotaka Seilbahn. Plätze müssen vorab reserviert werden. Infos findest du hier.

Anfahrt nach Kamikōchi von Matsumoto aus
Von Matsumoto aus kannst du entweder per Direktbus oder mit einer Kombination aus Zug und Bus fahren.
Wichtig: Egal ob Direktbus oder Teilstrecke, alle Busse müssen vorab reserviert werden.
Direktbus
Der Direktbus fährt 2 x täglich von Matsumoto in ca. 1,5 Stunden direkt nach Kamikōchi. Die Fahrt kostet 4.450 Yen. Der erste Bus startet morgens in Matsumoto um 5:30 Uhr. Der zweite um 10:15. Plätze müssen vorab reserviert werden. Bitte überprüfe den aktuellen Fahrplan auf der Website des Busbetreibers Alpico. Dort kannst du auch die Tickets buchen.
Wichtig: Der Bus verkehrt nur in eine Richtung. Zurück brauchst du auf alle Fälle die Kombination aus Bus und Bahn.
Kombination Bahn + Bus:
- Zug von Alpico Kōtsū von Matsumoto nach Shin-Shimashima (3 x stündlich, Fahrtdauer 30 Minuten, ca. 710 Yen)
- Bus von Shin-Shimashima nach Kamikōchi (alle 40–45 Minuten ab 7:10 morgens, Fahrtdauer 65 Minuten, ca. 3000 Yen)
Plätze müssen vorab reserviert werden. Das kannst du ab einem Monat davor. Infos und aktuelle Busfahrpläne findest du hier.
Der Bus- und Bahnbetreiber hat einen ausführlichen Guide für die Anreise inklusive Fotos der Ticketautomaten auf seiner Website.
Anfahrt mit einem Mietwagen
Wenn du mit einem Mietwagen in den japanischen Alpen unterwegs bist, folgst du der National Route 158 bis vor die Tore von Kamikōchi. Mach dich auf eine serpentinenreiche Fahrt gefasst. Bei Gruppenreisen sind die Busfahrer immer froh, wenn Kamikōchi nicht auf dem Plan steht. 😅
Wie bereits gesagt, darfst du nicht rein ins Tal. Stattdessen gibt es den Akandana Parkplatz. Pro Tag fallen an die 1.000 Yen an Parkgebühren an. Weiter geht es dann per Bus (siehe Website von Nōji Bus, 2 x pro Stunde, ca. 1500 Yen). Alternativ nimmst du dir ein Taxi, dann musst du in etwa mit dem dreifachen Preis rechnen.

Die perfekte Tagesroute durch Kamikōchi
Du möchtest einen tollen Tag mit Hiking in Kamikōchi verbringen? Dann kommt hier mein Vorschlag für eine einfache Route, für die du außer festen Schuhen und Sonneschutz (Hut und Sonnencreme sind in Japan ohnehin Pflicht) kein spezielles Equipmen benötigst. Es geht größtenteils eben dahin und zählt vom Schwierigkeitsgrad eher als ein ausgedehnter Spaziergang statt als Wanderung.
Es geht los: Taisho Pond und Tashiro Marshlands
Startpunkt ist der Taisho-Teich. Das heißt, du fährst nicht bis zur Endhaltestelle, dem Bus Terminal, sondern steigst schon vorher aus. Je nach Busgesellschaft wird dieser Halt als „Taisho Pond“ oder „Taisyoike“ bezeichnet.
Hier gibt es sowhl eine Toilette als auch die Möglichkeit, im Taisho-ike Hotel zu essen.
Der Taisho-Teich entstand durch einen Vulkanausbruch des Yake-dake 1915 (oder das 4. Jahr der Taisho-Ära), durch den sich das Wasser des Asuza-gawa-Flusses aufstaute. In der glatten Oberfläche spiegeln sich die umliegenden Berge und ein Hingucker sind die abgestorbenen Bäume, die skelettartig aus dem Wasser hervorragen.

Nachdem du das schöne Panorama genossen hast, geht es los rein ins Tal. Du folgst etwa 20 Minuten das rechte Seeufer entlang dem Weg, bis du zum Tashiro-Teich im Tashiro-Sumpfgebiet kommst. Inmitten des unberührten Waldes und Graslands hat der Teich auch im Sommer kühles Wasser, das auch im Winter nicht gefriert, und die umliegenden Bergketten widerspiegelt.
Nun musst du dich entscheiden, ob du lieber am Fluss entlang (links) oder geradeaus durch den Wald weitergehen möchtest. Beide Routen bringen dich in weiteren 20 Minuten zur Tashiro-Brücke.
An der Tashiro-Brücke gibt es wieder eine Toilette.
Hier wechselst du die Flußseite, indem du die Tashiro- und daran anschließende Hotaka-Brücke überquerst. Von nun an gehst du auf der linken Flussseite weiter. Dort steht nicht nur ein Torii, um den Berggott zu ehren, auch findest du eine Plakette, um an Walter Weston zu erinnern. Der britische Missionar wird gern als Vater des modernen Bergsteigens in Japan bezeichnet und prägte den Begriff „Japanische Alpen“. Entlang des Weges bieten mehrere Thermalhotels Tagesbesuchern die Möglichkeit, in heißen Quellen zu baden.
Mittagspause am Bus Terminal

Nach circa 25 Minuten solltest du die nächste Brücke erreichen: die Kappa-Brücke. Diese überquerst du, sodass du wieder auf der rechten Flussseite angelansgt. Dort gehst du nun 5 Minuten zurück zum Bus Terminal. Dort gibt es nicht nur wieder Toiletten, sondern auch die Möglichkeit, etwas zu Mittag zu essen und dich in den kleinen Shops mit Wandermaterial auszustatten, falls du gemerkt hast, dass irgendetwas fehlt.
Du hast bisher ein Drittel des Weges zurückgelegt. Gestärkt vom Mittagessen geht es jetzt los zum Rest der Wanderung.
Wilde Affen und Myojin Pond

Gehe zurück zur Kappa-Brücke und überquere diese, sodass du wieder auf der linken Flussseite bist. Folge dem Weg nun in Richtung Myojin-Teich. Für über eine Stunde geht es nun vorbei an Wasser durch Sumpfgebiet und Wälder. Hier leben wilde Affen, es kann also gut sein, dass du ein paar Japanmakaken vor die Linse bekommst.
Du folgst dem größtenteils schattigen Weg, bis du den Hotaka-Schrein erreichst.
Hier gibt es wieder eine Toilette.
Hinter dem Hotaka-Schrein liegt der heilige Moyjin-Teich. Der Zutritt kostet eine Eintrittsgebühr von aktuell 500 Yen. Hier lagern Zeremoniebote, die jedes Jahr am 8. Oktober bei einem großen Schreinfest zum Einsatz kommen. Dabei wird dem Wasser gedankt, das der Lebensspender der Region ist.

Rückweg zum Bus Terminal
Jetzt geht es zurück. Um die Wanderung abwechslungsreich zu gestalten, nimmst du nicht den selben Weg, sondern überquerst die Myojin-Brücke und gehst rechts zurück in Richtung Bus Terminal. Nach circa 40 Minuten, kurz vor deinem Ziel, kannst du dich noch im Kamikōchi Visitor Center über die Region informieren. Außerdem gibt es einen speziellen Nationalpark-Stempel, der im Stil an Pilgerbucheinträge angelehnt ist. Dies ist eine Sonderaktion, die noch bis 31.03.2027 läuft.
Nach weiteren 5 Minuten Fußweg bist du am Bus Terminal. Von hier kannst du zurück nach Matsumoto oder Takayama fahren.
Meine persönlichen Tipps für einen Tagesausflug nach Kamikōchi

- Informiere dich! Lade vorab entsprechendes Material offline auf dein Handy oder drucke es dir aus. Zum Beispiel diesen super übersichtlichen Infoflyer von der offiziellen Website, in dem alle wichtigen Wegpunkte und Toiletten eingezeichnet sind. Auch kann es sein, dass wetterbedingt der Zugang zum Tal oder einzelne Wege komplett gesperrt sind. Updates bekommst du hier.
- Nimm dir genug Zeit! Die von mir angegebenen Zeiten sind nur Richtlinien und unterscheiden sich je nach körperlicher Fitness. Außerdem bleibst du sicher mal stehen, um Fotos zu machen. Vor allem, wenn plötzlich eine Affenfamilie am Wegesrand auftaucht. 🐒
- Nimm 100-Yen-Münzen mit! Die meisten Restaurants und Shops im Tal nehmen zwar Kreditkarten, doch Kamikōchi ist einer der wenigen orte in Japan, wo die Toilettennutzung jeweils 100 Yen kostet.
- Bring dein Pilgerbuch mit! Wenn du Pilgerstempel sammelst, solltest du dein Buch unbedingt dabeihaben und dir einen Eintrag am Hotaka-Schrein holen. Es gibt zwei immerwährende Designs plus ein monatlich wechselndes.
- Zieh dich entsprechend einem Tag in der Natur an! Die von mir beschriebene Wanderung ist wirklich leicht. Dennoch ist festes Schuhwerk ein Muss. Außerdem habe ich immer eine Kopfbedeckung bzw. meinen Sonnenschirm mit und schmiere mich mit 50+-Sonnencreme ein. Mein Favorit ist die Biore Aqua Rich UV, die es mittlerweile sogar bei uns zu kaufen* gibt.
- Hol dir eine Bärenglocke! In Japan leben Schwarzbären. Eigentlich gehen sie Menschen aus dem Weg. Deshalb hilft es, wenn du schon von Weitem auf dich aufmerksam machst. Dann kommt es erst gar nicht zu einer Begegnung. Im Hochsommer und an den Wochenenden ist in Kamikōchi so viel los, dass sich sicherlich ohnehin kein Bär in die Nähe wagt. Auch gibt es fest installierte Glocken auf dem Weg, die du läuten kannst. Aber es schadet für Wanderungen in Japan nie, eine kleine Glocke am Gürtel zu haben. Du bekommst sie zum Beispiel in den Shops am Bus Terminal. In jedem Fall ist es eine nette Erinnerung an deinen Tagesausflug nach Kamikōchi.
- Passe den Tag and eine Bedürfnisse an! Wenn du nicht so viel laufen willst oder kannst, passe meine Route an. Starte am Bus Terminal und gehe nur in Richtung von dort zum Taisho- oder Myojin-See.

Fazit
Kamikōchi ist auch als Tagesausflug ein unvergessliches Erlebnis. Dementsprechend bin ich im gegensatz zum Busfahrer froh, wenn es Teil der Route ist. 😆 Die Kombination aus unberührter Natur und gut ausgebauten Wanderwegen macht es perfekt für Neulinge, die während ihrer ersten Japanreise einen Eindruck von der wilden Seite des Landes bekommen möchten.
Du warst in Kamikōchi und hast weitere Tipps? Lasse mir gern einen Kommentar da und hilf so anderen Reisenden weiter.
Quellen und weiterführende Links
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Wir waren Anfang Juni dort. Es war ein super Erlebnis. Unbedingt zu empfehlen.
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