Es ist kein ungewöhnlicher Anblick, dass Besucher am Byōdō-in-Tempel vor der berühmten Phönixhalle stehen und ein Geldstück vor die Kamera halten, um es gemeinsam mit dem Gebäude zu fotografieren. Denn die buddhistische Stätte in Uji, nur eine halbe Zugstunde von Kyōto entfernt, ist auf gleich zwei japanischen Zahlungsmitteln abgebildet. Zum einen eine der namengsebenden Phönixstatuen vom Dach der Halle auf dem 10.000 Yen-Schein. Und dann das komplette Gebäude auf der 10-Yen-Münze. Was den Byōdō-in-Tempel so besonders macht und warum sich allein schon wegen ihm ein Ausflug nach Uji als Day Trip bei deiner Japanreise von Kyōto oder Ōsaka aus lohnt, erzähle ich heute.
Inhalt dieses Artikels
Die Geschichte des Byōdō-in in Uji

Der Byōdō-in-Tempel (平等院) ist bereits über Tausend Jahre alt. Erbaut 998 als Landsitz für Minamoto no Shigenobu, ging die Anlage nach seinem Tod über in den Besitz des Fujiwara-Clans. 1052 beschloss Fujiwara no Yorimichi, das Anwesen in einen Tempel umzuwandeln und gab ein Jahr später den Bau der Phönixhalle in Auftrag.
Offiziell trug das prachtvolle Gebäude einen anderen Namen, doch der Spitzname Phönixhalle (hōō-dō, 鳳凰堂) etablierte sich im Volksmund als gängige Bezeichnung. Zurück geht er auf die geschwungene Form und die beiden Bronzefiguren auf dem Dach, die jeweils einen Fenghuang, auch chinesischer Phönix (hōō 鳳凰) genannt, darstellen. Wie die westliche Bezeichnung vermuten lässt, wird auch das chinesische Fabelwesen mit Feuer in Verbindung gebracht. Der Fenghuang geht der Legende nach allerdings nicht in Flammen auf, um daraus neu geboren zu werden.

Das Tier gilt als Beschützer Buddhas und offensichtlich hat es seine Wirkung nicht verfehlt. Denn die Phönixhalle, in der sich eine 2,4 Meter Hohe Amida-Buddhastatue befindet, wurde als einziges Gebäude auf dem Gelände über die Jahrhunderte weg von der Zerstörung durch Brände verschont.
Der Byōdō-in-Tempel: Beispiel des „Reines Land“-Buddhismus

Was macht den Byōdō-in-Tempel nun aber so besonders, dass er es bis auf die 10-Yen-Münze geschafft hat? Zum einen natürlich sein Alter. Holzgebäude aus der Heian-Zeit (794–1185) im Originalzustand sind selten.
Zum anderen ist da die außergewöhnliche Architektur. Der Byōdō-in und der ihn umgebende Garten ist ein Paradebeispiel für die Architektur des sogenannten „Reines Land“-Buddhismus. Garten und Tempel dienen als irdisches Abbild des „Reinen Landes“, in das Anhänger dieser buddhistischen Glaubensrichtung hoffen, wiedergeboren zu werden.
Aber nicht nur von außen ist der Byōdō-in-Tempel in Uji sehenswert, auch im Inneren birgt er viele Kulturschätze. Diese kannst du im Rahmen einer kurzer Führung entdecken (leider nur auf Japanisch, aber es gibt Englische Flyer und es ist die einzige Möglichkeit, die Phönixhalle auch zu betreten). Der Weg führt dich dann durch ein größtenteils unterirdisch angelegtes Museum und am Ende in die Phönixhalle mit ihrer von Blattgold überzogenen Amida-Buddhastatue umgeben von 52 Bodhisattvas.
Seit 1994 gehört der Byōdō-in zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Der erste Samurai-Suizid und eine Kopie auf Hawaii
Kommen wir zu den schrägen Facts! Für Samurai-Fans ist sicherlich die Tatsache interessant, dass im Byōdō-in der erste schriftlich dokumentierte, rituelle Selbstmord eines Samurai statt fand.
Und als wäre dies noch nicht kurios genug, gibt es den Byōdō-in zwei Mal auf dieser Welt. Solltest du schon einmal Hawaii besucht haben (oder gerne Serien schauen), kommt dir der Byōdō-in vielleicht bekannt vor. Denn dort steht auf der Insel Oʻahu im Tal der Tempel eine originalgetreue 1:1-Kopie der Anlage. Sie gehört zu einem riesigen Friedhof und diente schon als Filmkulisse für Serien wie „Lost“, „Magnum, Pi.I.“ und „Hawaii Five-O“.

Es klingt erst einmal absurd, dass eine Replik des Tempels auf Hawaii steht. Doch es gibt sehr viele japanische Einwanderer in dem amerikanischen Bundesstaat und entsprechend viele, die dort begraben sind. Die Hawaiianische Version des Byōdō-in wurde 1968 zur hundertjährigen Gedenkfeier der ersten japanischen Einwanderer in Hawaii eingeweiht und wie das Original komplett ohne Nägel und nur mit traditionellen Holzbauweisen errichtet.
Ob Uji, Kyōto oder Oʻahu, Hawaii, der Byōdō-in-Tempel ist sehenswert. Vor allem, wenn auf dem Gelände gerade die Kirschbäume im März/April oder der Blauregen im Mai blüht.
Quellen und weiterführende Links
Wikipedia: Byōdō-in
Wikipedia: Pure Land Buddhism (engl.)
Wikipedia: Valley of the Temples Memorial Park (engl.)
JNTO: Byodo-in-Tempel (engl.)
Japan Guide: Byodoin Temple (engl.)
Go Hawaii: Byodo In Temple
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