Blinzelnd öffne ich die Augen und strecke mich genüßlich auf meinem herrlich bequemen Futon. Ich verbringe bereits die zweite Nacht in der Gegend rund um Hakone und habe mir dafür eine ganz besondere Unterkunft ausgesucht: einen ryokan 旅館 (wörtlich übersetzt „Reisegasthaus“). In Japan gibt es offiziell unterschiedliche Unterkunftsarten und hinter einem ryokan versteckt sich ein hochwertiges kleines Gasthaus mit durchschnittlich 14 japanisch eingerichteten Zimmern. Oft hat es ein eignes von heißen Quellen gespeistes Bad, einen onsen 温泉, und vor allen Dingen eins: das leckerste Essen, das man sich vorstellen kann. Bevor ich in meinem luftigen Baumwoll-Kimono, dem yukata 浴衣, der mir von der Unterkunft für meinen Aufenthalt zur Verfügung gestellt wurde, schlüpfe, gönne ich mir das erste kurze onsen-Bad des Tages, denn mein Zimmer hat einen eigenen, kleinen Privat-onsen. Dann mache ich mich auf den Weg in den Speisesaal zum ersten großen Highlight des Tages: dem traditionell japanischen Frühstück.
Speisesaal oder Zimmerservice – der Preis bestimmt
Es herrscht fröhliches Treiben im Speisesaal. Da sitzen Familien, junge Frauen, die einen Mädelstrip machen und Pärchen jeden Alters. Eines haben sie alle gemeinsam: sie tragen wie ich die blauen yukata-Kimono.
Solange man sich auf dem Gelände des ryokan befindet, und wenn es sich um einen Ort handelt, in dem auf Grund heißer Quellen viele ryokan angesiedelt sind, sogar außerhalb, ist es gang und gäbe, dass die Gäste ihre Alltagskleidung für den Zeitraum des Aufenthalts hinter sich lassen. Seele baumeln lassen lautet das Credo!
Die Übernachtung in einem ryokan ist nicht gerade der günstigste Posten bei einer Japanreise. Für gewöhnlich sind die Tarife mit Halbpension und lassen einen beim Buchen erst Mals schlucken, aber es lohnt sich. Daran, dass ich mich zum Essen in einen Speisesaal begeben muss, merkt man, dass ich nicht in einem allzu hochpreisigen ryokan untergekommen bin. Ist man bereit, mehr für den Aufenthalt dort auszugeben, bekommt man Zimmerservice inklusive. Das heißt sowohl Abendessen als auch Frühstück werden auf dem eigenen Zimmer serviert. Ohne Wecker ausschlafen entfällt dadurch, aber es gibt für mich weit schlechtere Vorstellungen, als durch das Geklapper von Geschirr und dem Duft von Reis und Miso-Suppe in meinem Zimmer geweckt zu werden.
Traditionell japanisches Frühstück – das beste und gesündeste Frühstück der Welt
Ich muss erst einmal erfassen, was da alles Leckeres vor mir auf dem Tisch steht. Zuerst fällt mein Auge auf das gusseiserne Suppentöpfchen. Kaum setze ich mich an meinen Platz, eilt ein Bediensteter des ryokans herbei und entzündet die Flamme im Stövchen darunter und schon bald beginnt meine Suppe zu blubbern und zu zischen.
Miso-Suppe ist neben Reis die absolute Grundlage eines traditionell japanischen Frühstücks. Generell gibt es für Mahlzeiten in Japan die Devise ichiju sansai 一汁三菜. Also „eine Suppe, drei Beilagen“. Im ryokan sind es aber weitaus mehr. In unzähligen Tellerchen und Schüsselchen probiere ich mich durch die Geschmackswelt Japans.
Da sind Kartoffelsalat, diverses eingelegtes Gemüse wie Auberginen, daikon-Rettich 大根 und saure umeboshi-Pflaumen 梅干し. Als Herzstück des Essens erwartet mich ein frisch gegrillter, kunstvoll entgräteter Fisch. Da ist frittiertes Hähnchen, Tofu und separat abgepackt (auf dem Bilder der Woche unten in der Mitte) geröstete nori-Algen 海苔.
Einen Bogen mache ich um nattō 納豆, die fermentierten Sojabohnen, die beim Essen klebrige Fäden ziehen und vor allem sehr unangenehm riechen. Umso mehr freue ich mich dafür auf das onsen-Ei 温泉卵, das auf den Punkt perfekt weich gekocht ist und über den heißen Reis gegeben wird.
Weizenhaltiges Weißbrot oder zuckrige Cornflakes sucht man hier vergebens. Und genau das ist es, was das japanische Frühstück so gesund macht. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, bereits morgens so vielfältig herzhaft zu essen, möchte man das japanische Frühstück nicht mehr missen. Mir persönlich gibt es, mehr als jedes andere, Energie für den Tag, ohne dass es mir schwer im Magen liegt.
Mehr über die Geschichte des japanischen Frühstücks und wie die moderne Version davon aussieht, kannst du hier lesen.
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Liebe Elisa
Herzlichen Dank für Deine Nachricht. Das hört sich sehr toll an!
Werde ich mir sehr gerne angucken.
Herzlichst
Sarah
Liebe Elisa
Seit ich Klein bin möchte ich Japan bereisen. Nun bin ich tatsächlich an der konkreten Planung für eine Japanreise im Herbst 2023 wo ich drei Wochen Zeit habe das Land zu entdecken. Dein Blog find ich super – er hilft bei der Planung und macht so viel Vorfreude :-)
Du berichtest von dem Ryokan nähe Hakone. Da würde ich unbedingt auch gerne hin. Das hört sich genau so an, wie ich mir das schon immer gewünscht habe. Würdest Du mir den Namen/Angaben des Ryokan verraten? Und ca. den Übernachtungspreis? Das wäre grossartig!!!
Herzlichst, Sarah
Liebe Sarah, ich bleibe gern in den Ryokan der Ichinoyu-Gruppe, weil sie verhältnismäßig günstig sind. Am liebsten bin ich im Susukinohara Ichinoyu, weil die Zimmer dort mit kleinen Privat-Onsen ausgestattet sind und ich liebe das einfach 🥰
Liebe Grüße, Elisa
Liebe Elisa
Ich bin etwas ratlos. Es scheint, dass bei allen Ryokan der Ichinoyu Gruppe keine Zimmer für Einzelpersonen zu Verfügung stehen. Kann das sein? Welchen Typ hattest Du denn gebucht und warst Du alleine oder zu zweit?
Liebe Grüsse
Sarah
Liebe Sarah, die Website von Ichinoyu scheint einen Fehler zu haben. Über booking.com kannst du auch für eine Person buchen.
Viele Grüße
Elisa