Leuchtend rotes Herbstlaub am Nyohō-ji-Tempel in Ōzu.

Herbst in Japan und Deutschland

Der Herbst ist für mich die beste Reisezeit für eine Japanreise. Die Temperaturen sind angenehm warm, aber nicht mehr schwülheiß, und die vielen Laubbäume im Land färben sich flammend rot, wärmend orange und strahlend gelb. Es gibt saisonale Spezialitäten, der Erntemond wird feierlich betrachtet und in jüngerer Vergangenheit ausschweifend Halloween zelebriert. Kurz gesagt: Japan im Herbst ist wunderschön. Und die Japaner selbst wissen es zu würdigen.

Der Weg hinab vom Nyohō-ji-Tempel in Ōzu führt durch einen im Herbst wundervolle gefärbten Herbstwald.
Der Weg hinab vom Nyohō-ji-Tempel in Ōzu führt durch einen im Herbst wundervolle gefärbten Herbstwald.

Japan und seine vier Jahreszeiten

Eines der ersten Dinge, das dir ein Japaner über sein eigenes Land erzählen wird, ist das Vorhandensein von vier klar voneinander abgrenzbaren Jahreszeiten. „Ja…und?“ wirst du dir jetzt vielleicht denken, das ist doch bei uns in Deutschland auch so. Und das stimmt. Doch erstens ist dies in vielen anderen Regionen der Erde tatsächlich nicht der Fall und zweites versteht es kein anderes Land so sehr den Jahreskreis zu feiern wie Japan.

Meine Liebe zum Herbst kommt vermutlich durch die Würdigung, die er in Japan erhält. Und deren Abwesenheit in Deutschland. Den Herbst empfinde ich hier immer als die übergangene Jahreszeit. Solange man im Kindergarten und der Grundschule ist oder dann später wieder, wenn man selbst Kinder hat, ist der Ablauf der Jahreszeiten sehr präsent. Da werden ab September Blätter gesammelt, Kastanienmännchen zum Leben erweckt und Drachen fürs Fenster gebastelt.

Zumindest bei mir ist das ohne äußere Struktur schnell verloren gegangen. Den Takt gibt jetzt die Wirtschaft an und diese beschließt jährlich aufs Neue, dass ab Ende August Weihnachten ist: Lebkuchen und nach Zimt duftende Badezusätze, hallo.

In Japan ist das anders, dort hat wirklich jede Jahreszeit ihren Raum, sowohl im kommerziellen Bereich als auch im privaten.

Durch Sonneneinstrahlung entstehen im Herbstlaub wunderschöne Kontraste zwischen Hell und Dunkel.
Durch Sonneneinstrahlung entstehen im Herbstlaub wunderschöne Kontraste zwischen Hell und Dunkel.

Die Liebe zum Herbstlaub

Das japanische Stichwort für den Hebst lautet kōyō 紅葉, also „Herbstlaub“. Ähnlich zur Kirschblütenzeit im Frühjahr gibt es voraussagen, wann und wo die Laubbäume besonders schöne Farben tragen werden. Es gibt richtige kōyō-Hotspots, die tausende Menschen anziehen. Viele davon bewaffnet mit frisch gebackenen Süßkartoffeln zum Snacken und Händewärmen und natürlich der einen oder anderen Kamera. Auch das Herbstlaub ist eine vergängliche Schönheit, die eingefangen werden will.

Ich komme aus einer Region in Deutschland, die geprägt ist durch kranke Monokulturwälder. Laubbäume in größerer Anzahl sucht man hier vergeblich. Vermutlich verzückt mich der Herbst in Japan deshalb so sehr. Du kannst dort mit dem Zug durch die Natur tuckern und um dich herum leuchtet es in allen erdenklichen Rot-, Gelb- und Orangetönen. Den ganzen Tag könnte ich so nur mit Schauen und Genießen verbringen. Dazu gibt es diverse Köstlichkeiten aus typischen Herbstfrüchten: Pilz, Apfel, Kürbis, Süßkartoffel und Marone. Sie runden das Erlebnis der Herbstlaubschau perfekt ab.


Der Ausblick von der Burg Ōzu aus über die herbstlich gefärbte Landschaft.
Der Ausblick von der Burg Ōzu aus über die herbstlich gefärbte Landschaft.

In den letzten Jahren beobachte ich auch hier, dass es mehr Nachfrage gibt nach Herbstprodukten, Ausflügen auf Kürbisfarmen, Vorfreude auf Pumpkin Spice Latte bei Starbucks. Und neulich habe ich glatt im Drogeriemarkt Herbst-Badebomben gefunden. Es ist an mir, die verfrühten Lebkuchen zu ignorieren und nach den wenigen aber wunderschönen Laubbäumen Ausschau zu halten, die sich auch hier finden lassen. Und wenn ich einen sehe, schwelge ich zusätzlich ein wenig in meinen Erinnerungen an den Herbst in Japan. 

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4 Kommentare zu “Herbst in Japan und Deutschland

  1. Hallo Elisa,
    Vielen Dank für den tollen Blogbeitrag. Ich wollte immer im Frühling nach Japan reisen, doch durch deinen Beitrag ist es auf jeden Fall eine grosse Überlegung wert Japan im Herbst zu besuchen.

    Beste Grüsse Marc

    • Die Kirschblüte ist natürlich das Spektakulärste, was man in Japan erleben kann. Aber gleich danach kommt in meinen Augen der Herbst. Toll ist auch, dass es meist noch viel wärmer als bei uns ist. Von den Temperaturen her ist es also zusätzlich ein bisschen Verlängerung des Sommers. Aber ehrlich, egal, wann du fliegst, es wird immer toll 😁

  2. Hallo Elisa,
    ich habe mich schon länger gefragt, warum mir der Herbst in Japan so anders vorkommt als der deutsche Herbst. Aber ich konnte es irgendwie nicht so recht einordnen. Dein Absatz zur Würdigung dieser Jahreszeit in Japan und, dass er dort genügend Raum bekommt, trifft komplett den Punkt und fasst das Gefühl was ich hatte sehr gut in Worte!
    Viele Grüße, Anne

    • Ich glaube meine eigene Würdigung kommt auch durch meine Zeit für Japan. Hat man dort einmal erlebt, mit welchem Wunder die bunten Bäume betrachtet werden, kann man hier auch gar nicht mehr anders, als nach dem nächsten Ahorn Ausschau zu halten.
      Aber du kennst das ja 🙈 Japan hat uns echt alle nachhaltig verändert xD

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