Sicherlich, meine Jagd nach Fotos von unterschiedlichen Kanaldeckeln in Japan ist ein Spaß und eine Sammelei. Aber darüber hinaus liebe ich, dass die Motive der japanischen Gullydeckel immer etwas über den jeweiligen Ort erzählen. Manchmal ist die Darstellung offensichtlich, an anderen Stellen gehe ich recherchieren. So auch bei den farbenfrohen Schachtabdeckungen von Matsumoto.
Traditionelle Handwerkskunst in Matsumoto: temari
Die Stadt Matsumoto in der Präfektur Nagano ist Heimat von einer der letzten zwölf original erhaltenen Burgen von Japan. Es ist obendrein eine der schönsten im ganzen Land. Dementsprechend hatte ich erwartet in dem Ort in den japanischen Alpen überall mit der Festung konfrontiert zu werden.
Stattdessen zeigen die Kanaldeckel von Matsumoto bunte Kugeln, die für den westlichen Betrachter sofort an klassischen Christbaumschmuck denken lassen. Was da aber dargestellt ist, sind sogenannte temari (手まり, dt. „Hand-Ball“). Dabei handelt es sich um farbenfrohe Bälle, die man durch eine Wickel- und Sticktechnik herstellt.
Es gibt sie in ganz Japan, doch Matsumoto ist besonders bekannt für seine filigranen Designs. Der Volksmund ist sich uneinig, ob der erste temari in Matsumoto vor circa 200 Jahren von einer reichen Dame hergestellt wurde oder von einem Kaufmansssohn, der etwas für seine Familie dazuverdienen wollte.
Die Geschichte der temari-Bälle
Wie viele Kulturgüter kamen auch temari-Bälle aus China nach Japan. Ab dem 7. Jahrhundert wurden sie aus Stoffresten von Kimono hergestellt und mit bunten Stoffstreifen umwickelt. Sie dienten als Spielzeug und durchliefen diverse Evolutionsstufen. Die Stichmuster, um aus den Stoffteilen einen Ball zu formen, wurden immer komplizierter und kunstvoller, bis am Ende komplexe Designs dominierten.
Traditionell waren die hübschen Bälle immer eher ein Zeitvertreib für Frauen. Über Jahrhunderte als Spielzeug, zu dem es passende Reime und Lieder gab, in deren Rhythmus man den Ball aus der Hocke heraus auf den Boden ditschen lies. Allerdings löst der Gummiball im 20. Jahrhundert den temari in dieser Hinsicht ab.
Die gestickten Bälle sind heute in erster Linie Dekoration und Kunstobjekt. Auch wenn nicht mehr viel damit gespielt wird, gibt es noch immer die Tradition, dass Mütter als Geschenk zum Neujahrstag temari für ihre Kinder herstellen und einen Streifen Papier mit einem Wunsch für den Nachwuchs darauf in die Mitte einbetten.
Welcher Wunsch sich im Ball befindet, erfährt das Kind nicht. Aber es kann sich sicher sein, dass das Spielzeug mit viel Liebe gemacht wurde, denn die Herstellung eines temari dauert in der Regel vier bis fünf Stunden.
Machst du bei deiner Japanreise Halt in Matsumoto, musst du natürlich die stattliche, schwarze Burg besuchen. Aber zusätzlich halte in den Straßen die Augen auf. Du wirst einiges entdecken, was mit temari in Verbindung steht. Zum Beispiel eine riesige Spieluhr in Form des Spielzeugs, die sich mehrfach am Tag öffnet und ein minutenlanges, mechanisches Spektakel veranstaltet. Und eben die wunderschönen Kanaldeckel.
Quellen und weiterführende Links
Visit Matsumoto: Souvenirs & Kunsthandwerk
Wikipedia: temari (engl.)
Wikipedia: 手まり (jap.)
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Wunderschön, ich liebe japan mit all seinen Künsten und Kampftechniken. Meine wenigkeit beschäftig sich seit 45 Jahre mit Karate und anderen Japanischen Kampftechniken.
Mit unserem Sohn war ich vor 6 Jahre in Japan.
Es ist ein wunderschönes Land.
Ich finde es immer wundervoll,w enn mir jemand schreibt, dass er oder sie gemeinsam mit den Kindern oder Eltern eine Reise unternommen hat. Nichts ist schöner, als wenn man die Liebe für etwas teilen kann.