Ich bin unterwegs in Fukuoka. Mein Ziel: der Atago Schrein. Angeblich der älteste Shintō-Schrein der Stadt, aber das behaupten einige andere heilige Stätten auch von sich. Der Atago-jinja ist nicht in den üblichen Reiseführern, also bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Diese Frage erübrigt sich aber bald, als ich am Aufgang zu einer Treppe den Berg hinauf, wo ich den Schrein vermute, mehrere Schreintore torii 鳥居 erblicke.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass torii bereits in einiger Entfernung vom Schreingelände darauf aufmerksam machen, das du dich auf dem richtigen Weg befindest. Einmal bin ich auf gut Glück einem riesigen torii zum Saijo Inari Tempel gefolgt…für knapp 3 km ? Aber das ist eine Geschichte für ein andermal.
Bevor ich weitergehe, halte ich einen Moment inne und schieße Fotos. Die torii wirken bei diesem Spiel von Licht und Schatten an den Treppen besonders schön. Auch mag ich die Form. Es ist die Häufigste bei Shintō-Schreintoren. Die Japaner sprechen bei dieser Ausprägung von myōjin torii 明神鳥居.
Was macht ein torii Schreintor aus?
Ein torii kennzeichnet genauso wie shimenawa Reisstrohseile den Übergang von der normalen in die göttliche Welt. Beim Durchschreiten hält man sich eher seitlich, die Mitte ist den Göttern vorbehalten.
Es gibt Ausnahmen, bei denen torii auch auf dem Gelände eines buddhistischen Tempels zu finden sind. Doch in der Regel sind sie ein eindeutiges Zeichen dafür, dass du gerade einen Shintō-Schrein betrittst.
In Material und Farbe unterscheiden sie sich stark, meistens sind sie jedoch aus Stein oder Holz und dazu rot. In ihrer einfachsten Form bestehen sie aus zwei Säulen hashira 柱 (dt. „Stützpfeiler“), die wiederum zwei Querbalken tragen. Der obenauf nennt sich kasagi 笠木 (dt. „Schirmholz“), der untere, der die Säulen schneidet und so das ganze Konstrukt stützt, heißt nuki 貫 (dt. „Durchbohrer“).
Ganz davon abhängig, welche Gottheit in einem Schrein verehrt wird und wo dieser sich befindet, unterscheidet sich die Form und Ausführung der Säulen und Querbalken. Nicht die einfachste aber am weitesten verbreitete Variante ist das sogenannte myōjin torii.
Das myōjin torii 明神鳥居
Das mit den torii ist etwa so: es gibt die Grundausstattung, und je nach Zusatzpaket wird eine andere Variante daraus. So ist das auch beim myōjin torii. An folgenden Indizien erkennst du es:
- Die zwei Stützpfeiler sind leicht nach außen geneigt.
- Der durchbohrende Querbalken ragt links und rechts heraus.
- Es gibt obenauf zwei statt nur einem Querbalken, die nach oben hin gebogen sind. Der zusätzliche Untere der beiden Balken nennt sich shimaki 島木 (dt. „Inselholz“).
- Mögliche Sonderausstattung: kleine Keile (kusabi 楔) oberhalb der Stellen, bei denen der nuki die Säulen durchbohrt und eine Stützstrebe in der Mitte der beiden Querbalken (gakuzuka 額束), die oft genutzt wird, um dort eine Plakette, mit dem Namen des Schreins zu platzieren.
Viele japanische Wörter? Ja, aber wenn du noch einmal einen genauen Blick auf das Bild ganz oben wirfst, wirst du alle Einzelteile dort wiederfinden.
Faszinierend finde ich dabei, dass die Tore des Atago-Schreins selbst die kleinen Keile abbilden, die normalerweise den untersten Querbalken an Ort und Stelle halten. Die Holzversion eines myōjin torii wird hier also detailgetreu imitiert.
Jetzt aber genug über Shintō-Schreintor-Formen philosophiert. Ab zum Schrein und die wundervolle Aussicht über Fukuoka und das Meer genießen.
Quellen und weiterführende Links
Torii: Markenzeichen der kami – Religion-in-Japan
The Torii and Its Meaning in the Shinto Religion | Hub Japan
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