1.368 Stufen, schreibt der Reiseführer, erwarten mich, wenn ich den Berg Zōzu bis zum inneren Heiligtum des Kotohira-gū-Schreins in der kleinen Stadt Kotohira erklimmen möchte. Der Besuch an Shikokus wichtigstem shintō-Schrein soll das Highlight meiner Reise werden, doch gleichzeitig bekomme ich nur vom Gedanken an die vielen Treppen schwache Beine. Circa eineinhalb Stunden reine Gehzeit bergauf machen den im Volksmund genannten Konpira-san seit Jahrhunderten zu einer beliebten und zugleich anstrengenden Pilgerstätte. Wer früher gesundheitlich nicht auf der Höhe war oder schlichtweg die Anstrengung scheute, konnte sich dennoch behelfen und seine Aufwartung machen, in dem er oder sie einen Stellvertreter schickte. In Form eines Hundes.
Der Kotohira-gū-Schrein
Vermutlich wurde der Kotohira-gū bereits im 1. Jahrhundert errichtet. Er schmiegt sich an die Hänge des Berg Zōzu und bietet einen traumhaften Blick über die Landschaft, an klaren Tagen bis hin zur Seto-Inlandsee.
Lange Zeit vermischten sich hier wie fast überall in Japan shintoistische und buddhistische Elemente. Die über Jahrhunderte hinweg verehrte Hauptgottheit „Ō-mono-nushi no mikoto“ – Zuständig für die Seefahrt – war im Buddhismus als „Konpira“ bekannt. So erklären sich auch zum einen der Spitzname des Schreins „Konpira-san“ und zum anderen, warum in der Votivhalle unzählige Opfergaben in Zusammenhang mit Schiff- und sogar Raumfahrt zu sehen sind.
Erst während der Meiji-Zeit wurde die heilige Stätte eindeutig zum Schrein erklärt und als Hauptgottheit ein verstorbener japanischer Kaiser festgelegt.
Konpira-san – eine beliebte Pilgerstätte
Denkt man an Shikoku und Pilgern, fällt einem zunächst die 88-Tempel-Wallfahrt ein. Japans kleinste Hauptinsel ist stark buddhistisch geprägt und wer aus dem Ausland zum Pilgern hierher kommt, der zieht von Tempel zu Tempel.
Für die Japaner ist jedoch der Konpira-san eine der beliebtesten shintoistischen Pilgerstätten, gleich nach Japans Hauptschrein in Ise. Vor allem die vielen Stufen machen einen Besuch zu etwas mehr als eben nur einem Besuch. Entschlossenheit und Durchhaltevermögen sind nötig, um das Hauptgebäude (785 Stufen) oder gar das innere Heiligtum (weitere 583 Stufen) zu erreichen. Einen am Kotohira-gū gekauften Talisman zu tragen, ist eine Auszeichnung.
Aber was ist mit all jenen, die den Aufstieg nicht schaffen? Zum einen ist es bis heute möglich, Träger anzuheuern. Gegen entsprechendes Entgelt hieven sie Besucher in einer Sänfte die Treppen hinauf. Game of Thrones lässt grüßen.
Und dann gibt es da noch die Hunde.
Konpira inu – Stellvertreterhunde
Überall rund um den Kotohira-gū-Schrein begegnen einem Hunde. Als Statuen, als Souvenir, ja sogar als Logo eines kleinen Puddingladens (siehe Artikelbild ganz oben). Sie erinnern an all jene Hunde, die stellvertretend für ihre Besitzer die vielen Stufen zum Schrein erklommen haben.
Um seine Aufwartung zu machen, band man einem Hund eine kleine Tasche um den Hals, in der sich Opfergaben befanden. Dann wurde das Tier losgeschickt. Händler entlang des Weges und andere Pilger lotsten die Hunde, bis diese den Hauptschrein erreichten.
Nach wie vor sind deshalb Hunde auf dem Schreingelände willkommen. Und wie eingangs erwähnt überall repräsentiert. Besonders charmant ist ein kleines Orakel, das du dir ziehen kannst, welches neben einer Weissagung auf Papier auch einen kleinen goldenen Hund aus Metall enthält. Den ich zum Beispiel im Geldbeutel trage.
Ein Aufstieg am Konpira-san lohnt sich auf so vielen Ebenen. Für mich persönlich war es ein Hochgefühl, die 1.368 Stufen bezwungen zu haben. Sowohl ein Talimsan, den ich ganz oben am inneren Heiligtum gekauft habe, als auch mein kleiner goldener Hund in der Geldbörse erinnern mich täglich daran. Und nach den Strapazen jetzt bitte noch einen Pudding mit dem süßen Tier als Logo. Danke.
Quellen und weiterführende Links
Setouchi Trip: Der Aufstieg lohnt sich – Kotohira-gu Schrein mit toller Aussicht
Japamigo: Pilgrimage to the sacred Kotohira Shrine
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Ein toller Blogbeitrag. Da will man am liebsten selbst Mal hingehen und das ganze „live“ anschauen.
Freue mich immer wieder über neue Beiträge hier in deinem Blog.