Meine Japanreisen beginnen und enden meist in Ōsaka. Das hat sich eher zufällig so ergeben. Weil fast immer der Flug dort hin einen Ticken günstiger ist als nach Tōkyō. Und weil die Handels-Metropole im Herzen Japans schlichtweg ein guter Ausgangspunkt ist, um von dort weiter zu reisen. Durch die vielen kurzen Besuche, bei denen ich mir immer etwas Anderes in der Stadt ansehe, ist mir Ōsaka sehr ans Herz gewachsen. Da dort das Leben pulsiert wie nirgends sonst, die Leute laut und lustig sind und gerne essen. Es ist eng und voll, und das kann einem schon mal die Luft abschnüren. Umso glücklicher bin ich jedes Mal, wenn ich wieder eine kleine Ruheoase im kunterbunten Trubel der Stadt entdecke. So wie den Sumiyoshi-taisha Schrein. Und bei meinem letzten Japanurlaub den Namba Yasaka-Schrein 難波八阪神社, um den es heute gehen soll.
Der Namba Yasaka-Schrein in Ōsaka
Ōsaka wird meiner Meinung nach von den meisten westlichen Touristen unterschätzt. Man flitzt mal schnell vorbei, fotografiert das überladene, etwas runtergekommene Vergnügungsviertel Shinsekai, isst ein paar takoyaki たこ焼きund die ganz Mutigen sogar fugu ふぐ – Kugelfisch. Noch schnell ein Abstecher zur Burg und dann auch schon husch husch weiter nach wahlweise Kyōto, Nara oder Tōkyō. Wer religiös interessiert ist, schafft es vielleicht noch zum Shitennō-ji Tempel, bis zum Sumiyoshi-taisha kommen die wenigsten.
Genau deshalb gibt es in Ōsaka noch „Geheimtipps“. Eigentlich voll gut, oder? Und einer dieser „Wow, warum habe ich dies erst bei Reise-Nummer-[hier bitte beliebig hohe Zahl einsetzen 😉]-Orte ist eben der Namba Yasaka-Schrein.
Über das Gründungsjahr des Schreins ist nichts bekannt, doch er wurde bereits vor knapp Tausend Jahren das erste Mal in Aufzeichnungen erwähnt. Ursprünglich eher ein buddhistisch geprägter Ort, wurde er durch die Trennung von shintō und Buddhismus im Jahr 1872 offiziell zu einem Schrein.
Durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg brannte die heilige Anlage komplett nieder und wurde danach neu aufgebaut. Mitt der 1970er Jahre kam das heutige Wahrzeichen des Namba Yasaka-Schreins hinzu: eine Bühne in Form eines Löwenkopfs.
Ein Schrein mit einem Löwenkopf als Bühne
Größter Touristenmagnet des Namba Yasaka-Schreins ist seine 11 Meter breite und 12 Meter hohe Bühne in Form eines Löwenkopfs. Aufführungen finden im offenen Maul des Löwen statt.
Obwohl Löwen in Japan in freier Natur nicht vorkommen, finden sie sich als Gestalten in der Mythologie. Dementsprechend verändert ist das Aussehen, das manchmal eher an einen Hund erinnert. Ihr Aufgabe ist es böse Geister abzuwehren (man findet sie als Wächterfiguren am Eingang eines fast jeden Schreins) und auszutreiben (es gibt Löwentänze, bei denen Löwenköpfe als Maskengetragen werden, die zum Vergnügen der Erwachsenen und Grauen der Kinder zuschnappen und dabei laut klappern können).
Man kommt hierher, um für Erfolg bei Prüfungen und gute Finanzen zu beten. Die glücksbringende Form der Bühne soll dabei helfen.
Ich sage jetzt mal so: man sieht dem Löwenkopf des Namba Yasaka-Schreins an, das er aus den 70ern stammt. 30% verrücktes Las-Vegas-Flair, 70% cool.
Schreinfeste rund um die Löwenkopf-Bühne
Die Bühne wird mehrfach im Jahr für unterschiedliche Aufführungen genutzt. Die wichtigsten Termine sind ein Tauzieh-Ritual am dritten Sonntag im Januar und das Sommerfest Mitte Juli.
Tauzieh-Ritual tsunahikishinji 綱引神事祭
In Handarbeit fertigen fleißige Freiwillige ein dickes Seil aus Reisstroh, mit dem dann ein Tauziehen durchgeführt wird. Das Fest erinnert an die Geschichte des japanischen Windgotts Susanoo, der den Schlangengott Yamato no orochi tötete, indem er alle acht Köpfe der Schlange betrunken machte und darauf das Tier in Stücke schlug. In der Schlange fand er ein Schwert, das die Japaner als kusanagi no tsurugi 草薙の劍 kennen. Es ist eines der drei Reichsinsignien Japans.
Das Tauzieh-Ritual wurde 2001 ins immaterielle Kulturgut Ōsakas aufgenommen.
Sommerfest natsumatsuri 夏祭
Das Sommerfest des Namba Yasaka-Schreins zeiht sich über zwei Tage und ist in zwei matsuri geteilt. Am 13. Juli findet das „Abendfestival“ yoimiyasai 宵宮祭 statt, bei dem der Dotonbori-gawa Fluss 道頓堀川 mit Booten befahren wird. Am nächsten Tag, dem Hauptfest hongūsai 本宮祭 werden Göttersänften durch die Straßen getragen und von Trommelmusik begleitet. Auf dem Schreingelände selbst werden Löwentänze aufgeführt und mochi 餅 Reiskuchen werfend verteilt.
Meiner Meinung nach ist der Namba Yasaka-Schrein noch (!!!) ein Geheimtipp für deine Japanreise, der dich ein bisschen im Großstadttrubel von Ōsaka verschnaufen lässt und vor allem beeindruckende Instagram-Fotos verspricht.
Öffnungszeiten + Eintritt
Täglich geöffnet
Adresse: 2–9–19 Motomachi, Naniwa-ward, Osaka City
6:30~17:00
Eintritt frei
Website: 難波八阪神社公式ホームページ (japanisch)
Anreise mit dem Zug
Bahnhof Namba (diverse Bahngesellschaften und U-Bahn), von dort zu Fuß weiter 5–10 Minuten
Quellen und weiterführende Links
Namba Yasaka-Schrein – Wikipedia
Religion in Japan – Tiergötter und Götterboten – Löwen und Löwenhunde
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