Es ist vielleicht der ungewöhnlichste Stempel, den ich bisher in meinem Japan-Reisetagebuch gesammelt habe: er zeigt zwei gesattelte Kamele, die auf dem Kamm einer beeindruckenden Sanddüne stehen. Wüsste ich es nicht besser, würde ich beim Gedanken an ein Stück Wüste in Japan abwinken. Du willst mich wohl veräppeln….Kamele und Wüste in Japan…aber genau das ist es, was mich erwartet, als ich mich am Bahnhof Tottori in einen Bus in Richtung Tottori sakyū (鳥取砂丘, dt.: Tottori Sanddünen) setze. Und nur 20 Minuten später stehe ich vor einem der beeindruckendsten Naturspektakel des Landes: den Sanddünen von Tottori.
Ein Stück Wüste in Japan
Die Sanddünen von Tottori entstanden vor ca. 100.000 Jahren. Sie bestehen aus Sedimenten, die der Fluss Sendai aus den Bergen ins Japanische Meer trägt, von wo sie durch Strömungen ans Ufer gespült werden. Ein natürlicher Vorgang, der das Naturwunder der Tottori Sanddünen hervorbringt.
Du musst dir das nicht wie einen überdimensionalen Strand vorstellen. Stattdessen fühlt es sich wirklich wie ein Kurzausflug in die Sahara an. (Okay, mit einer großen Gruppe Japaner. Und Kamelen statt Dromedaren. Und als Snack ein japanisches Curry zwischendurch. Aber dazu später mehr.) Das Gebiet erstreckt sich über 16km die Küste entlang und fast zweieinhalb Kilometer ins Landesinnere hinein. Der Sand ist goldgelb und türmt sich bis zu 50 Meter hoch auf.
Als Tourist in die Sanddünen von Tottori
An der Bus-Endhaltestelle Tottori sakyū befindet sich ein extra für Touristen angelegter Zugang zu den Sanddünen. Per Treppe (mit jeder Menge Warnhinweisen, was es zu beachten gilt, und einen Stop im Besucherzentrum nicht vergessen) geht es mit Leih-Gummistiefeln oder wie bei mir barfuß ins Dünenabenteuer.
Davon abgesehen, dass man jede Dinge nicht darf (schwimmen, in den Sand malen), kann man sich dort völlig frei bewegen. Wenn du es exotisch magst, reitest du auf einem der dort gezüchteten Kamele (Anmerkung: mit Tierschutz nehmen die Japaner es nicht so genau, deshalb rate ich von solchen Angeboten generell eher ab). Bist du ein sportlicher Typ, gibt es auch Fatbike-Touren, Gleitsegel- und Sandboarding-Angebote.
Mir reicht es jedoch völlig den Sand zwischen den Zehen zu spüren. Vor allem da schlechtes Wetter angesagt ist und mir schon jetzt der Wind messerscharf um die Ohren pfeift. Sandkörner peelen mir in die Haut und es ist kaum möglich, die Augen offen zu halten. Es ist herrlich.
Tatsächlich versuche ich mehrmals mit der Kamera einzufangen, welche Spiele der Wind mit dem Sand treibt, wie die Grenzen der Dünenkämme verschwimmen und immer neue Muster auf der Oberfläche entstehen. Doch irgendwann gebe ich es auf. Das ist eine Erinnerung, die ich besser in meinem Herz mit nach Hause nehme, da keine Aufnahme dem Spektakel gerecht wird.
Erst als mir der Wind zu stark wird, mache ich mich auf den Rückweg. Natürlich ist wie immer in Japan an alles gedacht und vor dem Eingang zu den Sanddünen gibt es die Möglichkeit, sich die Füße zu waschen. Mal wieder ein Moment, in dem ich froh bin, von den Japanern die Angewohnheit übernommen zu haben, immer ein kleines Handtuch dabei zu haben.
Japans bestes Gemüsecurry und das Sandmuseum von Tottori
Normalerweise erwarte ich mir von dem Essen an Touristen-Hot-Spots nicht viel. Selbst in Japan, wo die Qualität des Essens überall sehr hoch ist. Umso überraschter bin ich von meinem Curry im Restaurant „Sukatto“, das sich auf dem kurzen Weg von den Sanddünen hoch zum Sandmuseum auf der linken Seite befindet. Jede Menge farbenfrohes Gemüse mit hausgemachter Currysoße und ein kleiner Salat dazu. Ich bin im siebten Gemüsehimmel.
Um meinen Besuch bei den Sanddünen von Tottori perfekt zu machen, darf natürlich ein Besuch im Sandmuseum 鳥取砂丘 砂の美術館 nicht fehlen. Für jährlich wechselnde Ausstellungen beteiligen sich Sandkünstler aus der ganzen Welt mit Kunstwerken zu vorgegebenen Themen. Als ich das Museum besuche, dreht sich gerade alles um Indien. Auch Deutschland war schon einmal die Aufgabenstellung für die äußerst fragilen und nur temporären Figuren und Dioramen.
Die Sanddünen von Tottori sind ein in Japan einzigartiges Biotop. Der Sand und seine Auswirkungen sind faszinierend wie bedrohlich zugleich, was Schriftsteller Abe Kōbō zu seinem Klassiker „Die Frau in den Dünen“* inspirierte. (Klare Leseempfehlung! Der Roman war auch bereits eine Lektüre in meinem Buchclub den „Japanliebe Leseratten“.) Ein Ausflug dorthin stand lange auf meiner Wunschliste und allein wegen der wechselnden Ausstellungen im Sandmuseum, lohnt es sich wiederzukommen.
Quellen und weiterführende Links
Wikipedia: Tottori-Dünen
JNTO: Dünen von Tottori
JNTO: Sandmuseum
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