Es knarzt in den Schienen, als die Tram um die Kurve fährt und sich der Haltestelle nähert. Es könnte alles ganz normal sein, wäre dies nicht Japan und hätte die Tram, die mir da entgegen knattert, nicht Katzenohren. Und das ist natürlich noch nicht alles. Über und über ist der Zug mit niedlichen Katzenmaskottchen verziert und im Innenraum ist das Design der Sitzbezüge thematisch passend abgestimmt. Willkommen in Okayamas Katzentram. Die hier eigentlich gar nichts zu suchen hat.
Eine Katze rettet eine Bahnlinie
Die Präfektur Wakayama, die eigentlich der Schauplatz dieser Geschichte ist, befindet sich südlich von Ōsaka, ein gutes Stück von Okayama entfernt. Dort stand vor einigen Jahren die Kishigawa-Linie der „Wakayama Electric Railway“-Bahngesellschaft kurz vor dem Betriebsaus. 14 Stationen auf knapp über 14km verteilt durchs ländliche Hinterland, nicht gerade der Inbegriff einer lukrativen Zugstrecke. Dennoch sind es natürlich genau jene Verbindungen, die für die Bevölkerung auf dem Land überlebensnotwendig sind. Deshalb lässt man sich einiges einfallen, um sie am Leben zu erhalten.
In Kishi kam die Rettung in Form einer dreifarbigen Katze namens Tama. Die niedliche Streunerin wurde zur offiziellen Bahnhofsvorsteherin ernannt, erhielt standesgemäß eine Mütze und thronte von nun an zu festen „Arbeitszeiten“ auf einem Kissen im Bahnhofsgebäude. Die Touristen ließen nicht lange auf sich warten.
Heute verkehren auf der Strecke unter anderem neben auf Erdbeeren und Kinderspielzeug thematisch ausgerichteten Bahnen auch ein Tama-Zug zu Ehren der tierischen Mitarbeiterin. Es gibt natürlich auch Merchandise und seit dem Tod der ursprünglichen Katzendame eine Nachfolgerin, die das Tourismusmodell am Laufen hält. Die Kishigawa-Linie wurde dadurch tatsächlich gerettet.
Wie kommt die Katzentram nach Okayama?
Schon seit April 2009 rattert nun aber auch täglich eine Trambahn durch Okayama, deren Design eng an das des Tama-Zugs auf der Kishigawa-Linie angelehnt ist. Die Erklärung, wie es dazu kam, ist einfach: die „Wakayama Electric Railway“ ist eine hunderprozentige Tochterfirma der „Okayama Electric Tramway“.
Und auch die Präfektur Okayama versucht alles mögliche, um Touristen in die Region zu locken. Offizielle Begründung für Inbetriebnahme der Katzentram sind Bitten von Leuten, die gerne mit dem Tama-Zug fahren möchten, aber für die der Weg nach Kishi zur Originalbahn zu weit und umständlich ist.
Ich denke, Okayama möchte sich einfach ein Stück vom Erfolgskuchen „Bahnhofsvorsteherin Tama“ abschneiden. Mein Glück, denn so konnte ich eine Woche lang mit der überaus niedlichen Tram fahren. Nach Kishi habe nämlich auch ich es bisher noch nicht geschafft. Kommt noch.
Quellen und weiterführende Links
Okayama Electric Tramway: Fahrplan Katzentram (jap.)
Wakayama Electric Railway: Newsmeldung zur Inbetriebnahme der Katzentram in Okayama (jap.)
Matcha: Tama, The Feline Station Master Welcomes You! Kishigawa Line, Wakayama
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