Das Schild eines Rekrutierungsbüros für die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte in Miyazaki.

Japans Selbstverteidigungsstreitkräfte rekrutieren anders

Dass in Japan so manches anders läuft, zeige ich auf diesem Blog immer wieder. Vor allem das Thema kawaii (かわいい, niedlich) im Alltag greife ich immer wieder auf. War es doch bei meiner ersten Reise sehr erstaunlich für mich, dass ein putziges, gezeichnetes Schweinchen mir in einer Kochzeitschrift erklärte, welche Teile davon am leckersten wären. Und dass die Polizei in meiner damaligen Heimatstadt Okazaki eine Eule in Uniform als Maskottchen hatte, die als Druckknopf an Ampeln fungierte. kawaii ist in Japan nicht aus dem Alltag wegzudenken und verschmilzt eng mit der Anime- und Mangakultur. Und da es für kawaii keine Grenzen gibt, begegnen dir die niedlichsten Sachen auch dort, wo du sie am wenigsten erwarten würdest. Zum Beispiel an einem Rekrutierungsbüro der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte.

Die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte

Eigentlich ist schon gleich einmal das Wort Selbstverteidigungsstreitkräfte ein Problem. Die deutsche Übersetzung für die jieitai (自衛隊) oder Japan Self-Defense Forces, kurz JSDF, enthält nämlich den Begriff „Streitkräfte“ und solche darf Japan laut Verfassung nicht unterhalten.

Nach Japans aggressiver Expansions- und Kriegspolitik um die Jahrhundertwende bis hin zum Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich das Land danach einer Friedenspolitik verschrieben. Festgelegt ist dies im umstrittenen Artikel 9 der japanischen Verfassung. Umstritten insofern, da Japan die fünfthöchsten Militärausgaben auf der Welt hat, um damit die JSDF zu finanzieren.

Ein großer Unterscheid zu anderen Armeen ist die Ausrichtung. So besitzt Japan zum Beispiel keine Langstreckenangriffswaffen, Tankflugzeuge oder Einsatzregeln. Die Streitkräfte dienen wie der Name schon sagt der Selbstverteidigung, auch Hilfseinsätze sind möglich, jedoch keine Angriffe zur Lösung internationaler Konflikte.

Die Stellung der JSDF wird seit vielen Jahren stark diskutiert, da Japan sich durch seine geografische Lage in der Nähe von China, Russland und Nordkorea bedroht fühlt. Immer wieder flammt die Diskussion auf, ob Artikel 9 der Verfassung geändert oder ganz entfernt werden soll. Einen großen Schritt in die Richtung wurde 2018 vollzogen. Die Verteidigungsrichtlinien Japans wurden dementsprechend geändert, dass das Land auch Waffensysteme besitzen darf, die zum Angriff verwendet werden können. 2022 kam die Entscheidung hinzu, ein massives Aufrüstungsprogramm zu starten, dass Japan zu weltweit drittgrößten Militärmacht der Welt machen wird. Inwiefern dies mit Artikel 9 in Einklang steht, sei dahin gestellt.

Rekrutierung in niedlich

Abgesehen von den verfassungsrechtlichen Besonderheiten läuft auch die Rekrutierung für die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte anders ab. Auf Japan-Art. Zumindest in manchen Präfekturen, wo seit einigen Jahren süße Maskottchen und niedliche Comicfiguren auf Plakaten neue Freiwillige zur JSDF locken.

Drei niedliche Charaktere repräsentieren Heer, Marine und Luftwaffe auf Rekrutierungspostern der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte. (Quelle: JSDF Ibaraki, https://www.mod.go.jp/pco/ibaraki/poster.html)
Drei niedliche Charaktere repräsentieren Heer, Marine und Luftwaffe auf Rekrutierungspostern der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte. (Quelle: JSDF Ibaraki)

In der Präfektur Okayama nahm die Einschreibungsquote nach einer Posterkampagne mit drei hübschen Mangamädchen, die symbolisch für das Heer, die Marine und die Luftwaffe stehen, angeblich um 20 % zu. Besonders Rede von sich machen die Werbeträger von Ibaraki. Nachdem auch dort erst weibliche Figuren zum Einsatz kamen, sind es seit 2019 drei junge Männer.

Die Werbemittel werden jedes Jahr aktualisiert und der Stil dem Zeitgeist angepasst. Mal ist der Look eher martialisch, mal auf heile Welt getrimmt. In jedem Fall immer sehr weit weg von dem, wie man zum Beispiel in Deutschland den Dienst bei der Bundeswehr bewirbt.

Die aktuelle Rekrutierungskampagne für die JSDF der Präfektur Ibaraki. (Quelle: JSDF Ibaraki, https://www.mod.go.jp/pco/ibaraki/poster.html)
Die aktuelle Rekrutierungskampagne für die JSDF der Präfektur Ibaraki. (Quelle: JSDF Ibaraki)

Quellen und weiterführende Links

Wikipedia: Selbstverteidungsstreitkräfte
So Japan: JSDF introduces ikemen mascots in addition to their female moe mascots (engl.)
Japan Today: Self-Defense Forces enlist anime boys to try to attract new human recruits (engl.)
Soranews24: More JSDF recruitment posters get a moe makeover in Ibaraki (engl.)


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