Ein Schild am Strand von Atami zeigt an, wohin man sich im Fall eines Tsunamis begeben sollte.

Die Tsunami-Gefahr immer im Hinterkopf

Als Kind war meine größte Sorge, die ich mit einer möglichen Japanreise verband, dass ich von japanischen Riesenkrabben ins Meer gezerrt werden könnte. Völlig absurd und meiner kindlichen Fantasie entsprungen, angespornt durch schwarz-weiß grisselnde Gozilla-Filme. Als 20 Jahre später dann tatsächlich mein Umzug nach Japan anstand, kam immer wieder die besorgte Frage: „Hast du nicht Angst vor Naturkatastrophen? In Japan gibt es doch Erdbeben und Vulkane.“ – „Nö, eigentlich nicht.“

Die Wahrheit ist, ich versuchte nicht zu genau darüber nachzudenken, denn eigentlich bin ich ein von Natur aus eher ängstlicher Mensch. Dieser Charakterzug setzt bei mir nur immer völlig aus, wenn es ums Thema Japan geht. Nicht mehr ganz so tapfer war ich, als nach drei Tagen Aufenthalt der erste Taifun über meine neue Heimat hinwegfegte. In dieser Nacht schlief ich nicht viel. Aber sonst nahm ich die geografische Lage des Lieblingslandes und die daraus resultierende Wahrscheinlichkeit für Naturkatastrophen weiterhin locker.

Ein Warnschild auf Miyajima weißt darauf hin, dass man sich nur knapp über dem Meeresspiegel befindet.
Ein Warnschild auf Miyajima weißt darauf hin, dass man sich nur knapp über dem Meeresspiegel befindet.

Das Meer atmete aus …

Vielleicht wäre ich nicht so cool gewesen, wenn ich nicht schon 2009 in Japan gewesen wäre, sondern erst im März 2011. Beziehungsweise danach. Oder wäre ich vielleicht gar nicht mehr in den Flieger gestiegen?

Nina Jäckles Roman „Der lange Atem*“, der sich mit der Dreifachkatastrophe beschäftigt, beginnt so:

„Es war der elfte März, und das Meer atmete aus, ins Land hinein atmete es aus und dann atmete es tief wieder ein. Das Meer sog in sich auf, wer da saß, wer da spielte, wer da schlief, wer da lachte oder schwieg, wer da noch jung war oder bereits alt, übermütig, einsam oder in einer Umarmung. Das Meer ließ eine Kante zurück. Eine Kante, die nun auf ewig markiert, wo das Glück sich aufhielt, an jenem elften März um vierzehn Uhr sechsundvierzig, und wo das Glück in diesem Moment nicht war.“

(Nina Jäckle, Der lange Atem, Klöpfer & Meyer, 2014)

Die Formulierung „das Meer atmete aus und dann atmete es wieder ein“ gibt zu 100 % wieder, wie sich die Bilder des Tsunamis am 11. März 2011 für mich anfühlten. Ich habe sie immer geistig im Ohr, wenn ich an das Thema denke. Und auch die Gefahr, die von einem Tsunami ausgeht, habe ich seitdem immer im Hinterkopf, wenn ich in Japan unterwegs bin.

Tsunami-Evakuierung

Japan hat ein ausgeklügeltes Evakuierungssystem für den Katastrophenfall. In den Regionen, die im Fall einer nahenden Welle gefährdet sein können, findest du überall Warnschilder, wie weit über dem Meeresspiegel du dich gerade befindest. Manche geben Hinweise darauf, wohin du dich im Ernstfall am besten begibst.

Ein Tsunami-Evakuierungsturm in der kleinen Stadt Hiwasa auf Shikoku.
Ein Tsunami-Evakuierungsturm in der kleinen Stadt Hiwasa auf Shikoku.

Bei den Treffpunkten handelt es sich dann um hohe, stabile Gebäude oder natürliche Erhebungen. In den dünner besiedelten, ländlichen Gegenden, die solche Bauwerke oder Hügel vermissen, wurden seit 2011 verstärkt Evakuierungs-Türme gebaut. Wenn dir also eine scheinbar sinnlose Stahlkonstruktion auf Säulen begegnet, handelt es sich wahrscheinlich um so einen Turm.


Wenn ich an Tsunamis denke, geht es nicht um eine unverhältnismäßige Ängstlichkeit, durch die ich meine Zeit in Japan nicht genießen könnte. Auch dich sollte die Möglichkeit einer Flutwelle nicht von einer Japanreise abhalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ausgerechnet ein Tsunami ereignet, wenn du oder ich im Japanurlaub sind, ist verschwindend gering. Aber ich empfehle dringend, was eigentlich immer beim Reisen gilt: sei mit offenen Augen für deine Umgebung unterwegs.

Weiterführende Links

Aktuelle Tsunami-Warnungen vom japanischen Wetterdienst

Sicherheits-App der japanischen Fremdenverkehrszentrale:
iOS
Android


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2 Kommentare zu “Die Tsunami-Gefahr immer im Hinterkopf

  1. Ja, es stimmt, Japan ist ein Land mit vielen Naturkatastrophen, aber es hat auch viel mit Timing und Glück zu tun. Ich hab in über 7 Jahren so gut wie nichts hautnah miterlebt. Selbst die Dreifachkatastrophe ist nahezu spurenlos an mir vorbeigegangen. Ich hatte damals kein Beben gespürt und Japan hätte schon komplett sinken müssen, dass der Tsunami bis zu uns durchgedrungen wäre.

    Auf der anderen Seite kann man in einem relativ „sicheren“ Land leben, reist mal kurz nach Neuseeland und wird da von einem Vulkanausbruch oder Erdbeben erwischt.

    Treffen kann es einen theoretisch überall und die meisten Beben und Taifune in Japan sind nicht sonderlich krass. Ein Taifun kann eher ärgerlich sein, weil er Reisepläne durchqueren kann. Wie oft ich schon irgendwo feststeckte deswegen … auch schon auf kleinen Inseln auf Okinawa. ^^; …..

    • Da hast du völlig Recht. Da gehört ganz viel Glück oder je nach dem wie man’s sehen mag Schicksal dazu. Die Wahrscheinlichkeit ist ja dennoch so gering, dass sich auf keinen Fall jemand davon abhalten lassen soll, nach Japan zu reisen. Für mich persönlich hat sich aber definitiv die Aufmerksamkeit für mögliche Gefahren geschärft.

      Taifune haben mich auch schon so einige Reisetage gekostet. Ich habe das Gefühl, die Leute nehmen das immer nicht so ernst, wenn man darauf hinweist, dass ggf. die Taifun-Saison in ihren Reisezeitraum fällt … aber mindestens ein Sturm durchkreuzt dann immer ihre Pläne ?

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