Beim Tōka Ebisu geht es laut zu. Eine Kapelle auf einem Festwagen begleitet die Prozession durch die Straßen Gions.

Tōka Ebisu – das erste große Schreinfest des Jahres [Japanreise Januar]

Wenn du zu Silvester eher wenig mit Party und Böllerei anfangen kannst, bist du in Japan zum Jahreswechsel gut aufgehoben. Ähnlich unserem Weihnachtsfest gilt Neujahr in Japan als besinnliche Familienfeier. Viele Traditionen begleiten den Übergang von einem Jahr ins nächste. Da auch der erste Besuch des Jahres eines shintō-Schreins inklusive dem Zurückgeben alter und Kauf neuer Glücksbringer dazugehört, ist an den Schreinen die ersten Januartage viel los. Wenn du dir für deine Reise nach Japan im Januar aber ein richtig buntes Schreinfest wünschst, besuchst du am besten rund um den 10. einen Schrein, der Ebisu gewidmet ist – dem Glücksgott der Fischerei und des Handels. Denn dieser hört nicht gut. Und zu seinem Geburtstag wird beim Tōka-Ebisu-Matsuri 十日ゑびす大祭 etwas lauter gefeiert, damit die Gebete der Bittsteller auch erhört werden.

Ebisu – der original japanische Glücksgott

Eine Ebisu-Statue ist mit Bambuszweigen geschmückt. Man erkennt den Gott der Fischerei und des Handels an der Angelrute in der Hand und Meerbrasse unterm Arm.
Eine Ebisu-Statue ist mit Bambuszweigen geschmückt. Man erkennt den Gott der Fischerei und des Handels an der Angelrute in der Hand und Meerbrasse unterm Arm.

Japans Götterwelt ist ein buntes Sammelsurium an kulturellen Einflüssen aus ganz Asien. Buddhismus, Daoismus und Hinduismus haben ihre eigenen Heiligenfiguren, die in Japan teilweise als Götter, also kami 神, adaptiert wurden. Schaust du dir zum Beispiel die häufig gemeinsam dargestellten sieben Glücksgötter an, hat nur einer davon japanische Wurzeln: Ebisu.

Angeblich handelt es sich bei ihm um Hiruko 蛭子, das erste Kind der beiden Gründungsgottheiten Japans. Ohne Knochen und Beine geboren, warfen seine Eltern ihn als „Blutegel-Kind“ verpönt ins Meer. Von dort wurde er jedoch in Nishinomiya wieder an Land gespült und entwickelte sich die nächsten Jahre prächtig. Nur eine gewisse Schwerhörigkeit blieb zurück.

Seiner Vergangenheit als „Blutegel-Kind“ sieht man den klassischen Darstellungen nicht an. In diesen sitzt er breit lachend da und hat eine Meerbrasse unter dem Arm, oft auch eine Angel dabei. Ein Hinweis auf seine Rolle als Gott der Fischerei. Zusätzlich kümmert er sich um den Erfolg der Kaufleute. Dafür müssen diese aber lautstark auf sich aufmerksam machen.

Mehr zum Glücksgoot Ebisu

Am Mishima Taisha Schrein in der Stadt Mishima hat Ebisu seine eigenen ema Wunschtafeln.
Am Mishima-taisha-Schrein in der Stadt Mishima hat Ebisu seine eigenen ema-Wunschtafeln.

Wen ein Gott nicht gut hört, muss man eben laut sein

Es ist egal, welchen japanischen shintō-Schrein du besuchst. Du wirst beobachten können, dass die Betenden sich nicht nur vor dem Schreingebäude verbeugen, sondern auch laut in die Hände klatschen oder sogar eine große Glocke läuten. Dies dient dazu, um die Götter auf den Betenden und seine Wünsche aufmerksam zu machen.

Dieser Brauch geht angeblich auf Ebisu zurück. Vor allem an den beiden Haupt-Ebisu-Festen im Jahr, am 10. Januar (Tōka Ebisu) und 20. Oktober (Hatsuka Ebisu) kannst du beobachten, dass Gläubige an Ebisu-Schreinen nach ihrem Gebet zur Rückseite des Gebäudes gehen und laut gegen die Wand klopfen. Früher sollen sogar Bretter dagegen geschlagen worden sein – für den extra Knalleffekt.

Durch seine Schwerhörigkeit kommt Ebisu noch eine ganz besondere Rolle zu. Im 10. Monat folgen alle Götter dem Ruf, nach Izumo zu kommen. Alle außer Ebisu. Da er den Ruf nicht hört, bleibt er zu Hause als Wächtergottheit zurück. Deshalb findet am 20. Oktober an vielen Ebisu-Schreinen ein großes Fest für ihn statt.

ema Motivtafeln an einem Schrein in Gamagori zeigen Japans sieben Glücksgötter in ihrem Schiff.
ema-Motivtafeln an einem Schrein in Gamagōri zeigen Japans sieben Glücksgötter in ihrem Schiff. Ebisu erkennt man wie immer an der Seebrasse unterm Arm.

Tōka Ebisu – das erste große Matsuri im Jahr

Am 10. Januar hat Ebisu Geburtstag. Deshalb wird er mit dem Tōka Ebisu gefeiert.

Die Feierlichkeiten ziehen sich über mehrere Tage. Während in Ōsaka drei Tage lang zelebriert wird, sind es in Kyōto sogar fünf.

8. Januar: Fest des großen Glücks shōfuku sai 招福祭 

9. Januar: Fest des Ebisuvorabends yoi ebisu sai 宵ゑびす祭

(in der Nacht von 9. auf 10. Januar sind manche Schreine durchgehend geöffnet)

10. Januar: Ebisu-Fest des 10. Tages tōka ebisu sai 十日ゑびす大祭

11. Januar: Fest der letzten Portion Glück nokori fuku sai 残り福祭

12. Januar: Fest des Rückzug des Glücks teppuku sai 撤福祭

Am Yasaka-Schrein in Kyōto gibt es zum Tōka Ebisu eine besonders große Auswahl an Glücksbringern.
Am Yasaka-Schrein in Kyōto gibt es zum Tōka Ebisu eine besonders große Auswahl an Glücksbringern.

Je nach Schrein fallen die Zeremonien und Bräuche unterschiedlich aus, doch die folgenden Traditionen sind zum Tōka Ebisu vielerorts üblich:

fukuzasa 福笹 – glücksbringende Bambuszweige

Zum Tōka Ebisu-Fest werden Bambuszweige mit grünen Blättern an Geschäftsleute verteilt für guten Umsatz im kommenden Jahr.
Zum Tōka Ebisu-Fest werden Bambuszweige mit grünen Blättern an Geschäftsleute verteilt für guten Umsatz im kommenden Jahr.

Um vor allem den Geschäftsleuten Glück und Erfolg zu bringen, werden zum Tōka Ebisu Bambuszweige mit Gebetssprüchen und anderen heiligen Symbolen wie kleinen Seebrassen verziert. 

Die Zweige werden von miko-Schreinhelferinnen oder Schauspielerinnen, die wie Geisha gekleidet sind, kostenlos an die Besucher verteilt. In Kyōto findet ein spezieller Umzug statt, bei dem die miko im Rahmen eines Festzugs mit fröhlicher Musik durch die Straßen ziehen und den Bambus direkt zu den ansässigen Geschäften bringen.

Schreinhelferinnen verteilen glücksbringende „fukuzasa“-Bambuszweige an die ansässigen Geschäftsleute.
Schreinhelferinnen verteilen glücksbringende „fukuzasa“-Bambuszweige an die ansässigen Geschäftsleute.

omaguro おまぐろ – ein Thunfisch wird mit Münzen beklebt

Um Ebisu als Gott der Fischerei zu ehren, wird ihm zum Tōka Ebisu ein großer Thunfisch geopfert. Besucher versuchen Münzen auf dem Tier zu platzieren. Bleiben diese kleben, gilt es als glücksverheißend.

Beim „Tōka Ebisu“-Fest in Kyōto ziehen die sieben Glücksgötter in ihrem Schiff „takarabune“ durch die Straßen.
Beim „Tōka Ebisu“-Fest in Kyōto ziehen die sieben Glücksgötter in ihrem Schiff „takarabune“ durch die Straßen.

fukuotoko 副男 – ein Rennen ums große Glück beim Tōka Ebisu

Eine Besonderheit am Nishinomiya-Schrein in Ōsaka, die sogar im Fernsehen übertragen wird, ist das Rennen der „Glücksmänner“. 

Dort blieb man am 9. Januar traditionell zu Hause, da Ebisu sich ausnahmsweise in seiner deformierten Form zeigte, aber so nicht gesehen werden wollte. Stattdessen bereitete man sich für den Morgen des 10. Januars vor. An diesem wird das Schreintor morgens um 6:00 Uhr geöffnet. 

108 Leute (es müssen nicht wortwörtlich Männer sein) werden jedes Jahr ausgelost und dürfen ganz vorne am Eingang stehen. Sobald dieser geöffnet wird, stürmen sie los.

Die ersten drei gelten als „Glücksmänner“ und erhalten Preise in Form einer Ebisu-Statue, Bier und Reis.


Das Tōka Ebisu ist quirlig, bunt und laut. Ideal, um ein bisschen Schreinfestluft bei einer Reise nach Japan im Januar zu schnuppern. Vielleicht schaffst du es ja auch, dass deine Münze am Thunfisch kleben bleibt. Erzähl mir gern davon.

Quellen und weiterführende Links zum Thema „Tōka Ebisu“

Religion in Japan: Ebisu – Der vertraute Fremde
JNTO: Toka Ebisu Taisai
Osaka.com: Toka Ebisu – a popular annual festival (engl.)
Discover Kyoto: Toka Ebisu (engl.)
Kyōto-Ebisu-Schrein: Ofizielle Website zum Tōka Ebisu (jap.)


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4 Kommentare zu “Tōka Ebisu – das erste große Schreinfest des Jahres [Japanreise Januar]

  1. Tobias L.

    Hallo, echt ganz Toller Blog.

    Gibts auch Matsuri von Februar bis Aprill die du empfehlen kannst?

    Grüße

    Tobias

  2. Bei diesem Fest wäre ich auch gerne dabei;)

    Schöne Zeit

    Sandrine

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