Jede einzelne von Japans Burgen hat ihre eigenen, kleinen Besonderheiten. Zwölf davon stechen besonders hervor. Denn sie haben allen Naturkatastrophen, Kriegen und Bränden getrotzt und sind bis heute im Originalzustand erhalten. Sprich echtes Holz und keine Beton-Stahl-Konstruktion im Inneren, die außen nur verkleidet wurde, um wie ein Holzbauwerk zu wirken. Nur fünf von diesen zwölf Originalburgen Japans haben es auf die Liste der Nationalschätze geschafft. Die Burg Matsue gehört dazu. Sie zeichnet sich aus durch ihre sensationelle Lage am Shinji-See, filigrane architektonische Details und ein Gebäude, das nur dafür errichtet wurde, damit der Kaiser darin übernachten möge, der dann aber nie kam.

Inhalt dieses Artikels
Die Geschichte der Burg Matsue
Japans militärische Geschichte ist bewegt. Über Jahrhunderte hinweg tobten im Mittelalter bittere Bürgerkriege, bis drei Reichseiniger, von denen der bekannteste Tokugawa Ieyasu ist, dem Land Frieden brachten. (Klingt nett, doch die Methoden waren grausig. Netflix hat eine sechsteilige Doku mit dem Titel „Zeitalter der Samurai: Kampf um Japan“ dazu.) Kurz nach dem letzten großen Krieg dieser Zeit entstand in nur vier Jahren zwischen 1607 und 1611 Burg Matsue.

Gebaut, um als Festung Schlachten zu überstehen, hat die Festung doch nie einen Kampf erlebt. Dennoch kannst du bei einer Besichtigung des Burgturms noch viele Vorkehrungen dafür entdecken. Zum Beispiel sieht das Gebäude von außen aus, als hätte es fünf Stockwerke, im Inneren sind es jedoch sechs. Schießscharten und Vorkehrungen, um Feinde mit Steinen zu bewerfen, sind nur zwei weitere Beispiele.
Lange Zeit war die Burg in Friedenszeiten dem Matsudaira-Clan Heimat. Matsudaira Naomasa, ein Enkelsohn von Tokugawa Ieyasu, war der erste von zehn Generationen Matsudairas, der sein Leben am Shinji-See an Japans Westküste verbrachte.

Beinah hätte die Burg Matsue die Jahrhunderte bis heute dennoch nicht überstanden. Nach der Meiji-Restauration wurde im Jahr 1875 nämlich beschlossen, die komplette Festung mit allen Gebäuden abzureißen. Nur durch das starke Interessen einiger einflussreicher Leute, blieb zumindest der Hauptturm erhalten.
Viele der anderen Gebäude, wie du sie heute sehen kannst, sind erst relativ frisch Anfang der 2000er rekonstruiert worden.
Drei Schreine, Boote und Tee
Ob man jede der japanischen Originalburgen auch innen besichtigen möchte, ist Geschmacksache. Für viele fühlt es sich an nach „hat man eine gesehen, hat man alle gesehen“: steile Treppen, Schießscharten, alte Waffen und Samurai-Rüstungen. Ich persönlich finde es immer wieder spannend. Und vom obersten Stockwerg der Burgfriede aus hat man immer eine tolle Aussicht auf die Umgebung.

Wenn das nicht so dein Fall ist, gibt es aber auch auf dem Gelände der Burg Matsue einiges zu entdecken. Zum Beispiel gleich drei shintō-Schreine, von denen einer – Jozan Inari (城山稲荷神社) – der Lieblingsschrein des Schriftstellers Lafcadio Hearn* war, der mit seinen Büchern* Anfang des 20. Jahrhunderts maßgeblich die westliche Sicht auf Japan prägte. Dort erwarten dich unzählige Fuchsstatuen in unterschiedlichen Größen. Außerdem ist er Ausgangspunkt des Horan-Enya-Schreinfests, einem der drei großen Boots-Festivals in Japan, das nur alle zehn bis zwölf Jahre stattfindet.

Wenn du Boote magst, kannst du auch eine Tour rund um die Burg auf dem breiten Burggraben und davon abzweigenden Kanälen machen, die teils über 400 Jahre alt sind. Dabei geht es manchmal unter so niedrigen Brücken hindurch, dass die Dächer der Dschunken herabgesenkt werden müssen, um passieren zu können.

Auch Teeliebhaber kommen auf dem Gelände der Burg Matsue auf ihre Kosten, vor allem zu einer Veranstaltung im Oktober, bei der diverse Meister Zeremonien abhalten und die Besucher sich durch mehrere Teesorten probieren können. Dies geht auf einen früheren Lord der Matsudaira zurück, der selbst großer Fan der Teezeremonie war und sich dafür stark gemacht hat, Matsue zu einem kulturellen Zentrum für Tee zu machen.
Ein Haus für den Kaiser

Und dann ist da noch das Kounkaku, ein türkisfarbenes Herrenhaus aus Holz mit filigranen Verzierungen. Es wurde 1903 für den Meiji-Kaiser erbaut, der dort übernachten sollte, letztendlich aber nie kam.
Immerhin nächtigte Kronprinz Yoshihito, der spätere Taishō-Tennō, hier drei Nächte. Die Geschichte erinnert ein wenig an das speziell für die kaiserliche Familie reservierte Bad in Dōgo Onsen, das seit vielen Jahrzehnten kein Tennō mehr besucht hat.
Das Kounkaku beherbergt heute ein Café und im oberen Stockwerk können immer noch Räume und Möbel besichtigt werden, die für den Kaiser vorbehalten waren.
Noch ist die Präfektur Shimane, deren Hauptsadt Matsue ist, für westliche Touristen weitestgehend Terra incognita. Ich kann dir eine Reise hierher inklusive Besichtigung der Burg Matsue für deinen Japanurlaub nur ans Herz legen. Mit Besichtigung der Schreine, des Kounkaku und einer Bootsfahrt kannst du hier locker einen halben Tag verbringen.
Quellen und weiterführende Links
JNTO: Burg Matsue
Wikipedia: Burg Matsue
Japan Guide: Matsue Castle (engl.)
GaijinPot Travel: Matsue Castle (engl.)
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Vielen Dank für Deinen Artikel!
Wir sind 2014 extra wegen der Burg nach Matsue gefahren. 2012 haben wir die Burg in Osaka gesehen und waren doch recht enttäuscht weil sie so modern war innen. (Wusste zu dem Zeitpunkt nicht das sie ein Wiederaufbau war)
Deshalb wollten wir mal eine originale alte Burg sehen. Mir hat sie gefallen ☺️
Die Enttäuschung kann ich verstehen. Auch wenn die wieder aufgebauten medial teils ganz gute Möglichkeiten innen für Ausstellungen bieten, ist es doch was anderes, wenn man über die knarzenden Holzdielen läuft und steile Treppen erklimmt. :)