Ein weißes Pferd schaut aus einem kleinen Gebäude am Fujisan Shimomiya Omuro Sengen-Schrein in Fujiyoshida. Im ersten Moment bin ich etwas überrascht, dann wird mir klar, dass das Tier nicht echt ist. Eine lebensgroße Replik, geschmückt mit Glöckchen und prächtigem Zaumzeug. Davor eine Spendenbox und Laternen sowie shide-Zickzack-Streifen, die darauf hindeuten, dass das Tier als heilig verehrt wird. Es ist nicht der einzige Hinweis darauf, welch wichtige Rolle Pferde hier spielen. Auch viele der ema-Wunschtafeln zeigen solche Motive. An einem bleibt mein Blick hängen. Nicht nur wegen der Mangafigur, die darauf abgebildet ist, sondern wegen dem Wortspiel auf der Tafel. umaku iku, also „es wird gut laufen“ steht da. Und enthält somit zumindest der Aussprache nach auch uma, das japanische Wort für Pferd. Keine ungewöhnliche Kombination, denn Japaner lieben Wortspiele. Und machen auch vor einer Verwendung am Schrein keinen Halt.
Pferde am shintō-Schrein

Pferde gelten in Japan seit jeher als Reittiere der Götter. Der Brauch, die Tiere als Opfergaben an Schreine zu geben, geht auf das 7. Jahrhundert zurück. Schwarze Pferde sollten Regen für eine gesegnete Ernte sichern, weiße hingegen wurden verwendet, wenn das Ende einer Regenperiode herbeigesehnt wurde.
Die Spende eines Pferds war selbstverständlich eine kostspielige Angelegenheit, sowohl für den Spender als auch für den jeweiligen Schrein, der das Tier danach zu versorgen hatte. So entwickelten sich im Laufe der Zeit Ersatzpraktiken, wie getöpferte oder geschnitzte Figuren und am Ende wurden die hölzernen Wunschtafeln daraus, die auf japanisch „Pferdebilder“ (ema 絵馬) heißen.

Nur ganz selten werden noch echte Tiere gehalten, zum Beispiel in Ise an Japans höchstem Heiligtum. Öfter siehst du Nachbildungen in Lebensgröße wie am Fujisan Shimomiya Omuro Sengen-Schrein. Im Gegensatz zu den ema-Holztäfelchen, die sich aus dem ursprünglichen Brauch entwickelt haben, spricht man bei den großen Pferde an shintō-Stätten von shinme (神馬, dt. „Götterpferde“).
Wortspiele im Japanischen
Wortspiele, im Japanischen als pun oder ji bekannt, spielen eine bedeutende Rolle in der Sprache und Kultur des Landes. Die japanische Sprache bietet aufgrund ihres reichen Vokabulars im Zusammenspiel mit einem beschränkten Umfang an Lauten zahlreiche Möglichkeiten für Wortspiele. Einfach erklärt klingen viele Wörter in ihrer Aussprache gleich oder ähnlich. Da sind gezielte Zweideutigkeiten oder das Verschachteln von Wörtern in anderen wie bei dem Beispiel auf der ema-Wunschtafel eine gängige Praxis. Diese humorvolle Form der Sprachkunst wird in verschiedenen Kontexten genutzt, von Alltagsgesprächen bis zu Unterhaltungsshows.

Wortspiele dienen nicht nur der Unterhaltung, sondern haben auch tiefergehende kulturelle Bedeutungen. Sie werden oft in Poesie, Werbung und sogar in politischen Reden verwendet, um komplexe Konzepte leichter verständlich zu machen. Darüber hinaus werden sie in der Populärkultur, insbesondere in Anime und Manga, als kreatives Stilmittel eingesetzt, um lustige Situationen zu kreieren.
Die ema am Fujisan Shimomiya Omuro Sengen-Schrein sind ein schönes Beispiel dafür, wie sich unterschiedliche Aspekte der japanischen Kultur verweben. Und sei es nun etwas so scheinbar zusammenhangsloses wie Pferde am shintō-Schrein und Wortspiele.
Quellen und weiterführende Links
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