Man nehme eine badende Kaiserin, deren Sohn ein zukünftiger Gott sein wird, kämpfende Samurai und prächtige Verzierungen. Und schon haben wir die Zutaten für diesen Artikel beisammen. Ich nehme dich mit an den Isaniwa-Schrein in Matsuyama, einen der ältesten Hachiman-Schreine in Japan. Von diesen gibt es eine ganze Menge. Hachiman ist der Gott mit den zweitmeisten registrierten heiligen Stätten in Japan. Wofür er zuständig ist? Landwirtschaft, Krieg und das Kaiserhaus.
Inhalt dieses Artikels
Hachiman – Japans Kriegsgott
Gleich vorweg, eigentlich stimmt das mit dem Kriegsgott nicht so ganz. Streng genommen ist Hachiman der Schutzpatron der Krieger. Das ist aber auch nur eine seiner vielen Rollen im Laufe der Jahrhunderte.
Ursprünglich war er eine einheimische Gottheit (kami 神) names Yahata, die von Bauern und Fischern verehrt wurde. Seine irdische Manifestation vermutete man in Kaiser Ōjin, der im 3. Jahrhundert als Kind der Kaiserin Jingū geboren wurde. Erst durch den Einfluss des Buddhismus wurde er zu Hachiman. Wie so oft im Japanischen blieb die Schreibweise gleich – 八幡神 – doch Yahata und Hachiman sind unterschiedliche Varianten, die Schriftzeichen auszusprechen.
Akzeptiert als buddhistischer Bodhisattva wurde Hachiman im 8. Jahrhundert beim Bau des Tōdai-ji Tempels in Nara. Ein Orakel prophezeite, dass der bis dahin als Yahata verehrte Gott beim Bau der riesigen Buddha-Statue im Inneren des Tempels unterstützen würde. Daraufhin erklärten buddhistische Priester ihn zum Schutzheiligen. Als Folge daraus befanden sich über lange Zeit Hachiman-Schreine oft auf dem Gelände oder in der Nähe von Tempeln.
Erst im 11. Jahrhundert verbreitete sich der Glauben an den kami als Schutzheiliger der Samurai. Dies ging zurück auf den bereits erwähnten Kaiser Ōjin, der als Vorfahr des Minamoto-Samurai-Clans als Patron eben jenes Clans angesehen wurde. Als Minamoto No Yoshiie bei der Zeremonie seiner Volljährigkeit an einem Hachiman-Schrein den Namen Hachimantarō annahm und sich dann im Verlauf seines Lebens als kluger Stratege und Anführer einen Namen machte, verband man dies mit dem namensgebenden Gott. Auch andere Samurai begannen ihn als Schutzheiligen zu verehren und dieser Glauben verbreitete sich über das ganze Land.
Hachiman als Schützer des kaiserlichen Haushalts
Durch die Überzeugung, dass Hachiman einst als Kaiser Ōjin unter den Menschen wandelte, entstand automatisch eine Verbindung zum Kaiserhaus. Die oberste Schutzgottheit der japanischen Kaiserfamilie ist Sonnengöttin Amaterasu, doch direkt darauf folgt an zweiter Stelle Hachiman.
Deshalb werden auch die Schreine Usa-jingū auf Kyūshū und Iwashimizu Hachiman-gū in Kyōto als zwei der wichtigsten Schreine nach dem höchsten Heiligtum des Shintoismus in Ise angesehen.
Besondere Architektur mit üppigen Verzierungen
Für unsere Laienaugen sehen shintō-Schreine erst einmal alle gleich aus: Holzgebäude, geschwungene Dächer, Schreintore. Dabei gibt es diverse Baustile und Farbgebungen, die sich je nach Epoche oder verehrter Gottheit unterscheiden.
Einer dieses Stile trägt die Gottheit sogar im Namen: hachiman-zukuri (八幡造). Hier wird bei einem Gebäude durch zwei Dachgiebel der Eindruck vermittelt, als handle es sich um zwei. Ebenfalls typisch: viel Zinnoberrot mit bunten Schnitzelementen oder naturbelassenes Holz mit prunkvollen Gold-Verzierungen.
Schreine im hachiman-zukuri-Stil gibt es in ganz Japan, aber nur fünf davon haben Gebäude, die noch aus der Edo-Zeit (1603–1868) stammen. Ältere noch existente Beispiele dieses Baustils gibt es nicht, auch wenn die Geschichte der Schreine viel länger zurück geht.
Einer dieser fünf ist der Isaniwa-Schrein in Matsuyama. Er liegt auf einer Anhöhe im Stadtteil Dōgō Onsen und überschaut den berühmten Erholungsort. Dorthin wurde er aber erst im 14. Jahrhundert verlegt. Davor befand er sich angeblich genau an der Stelle, an der Kaierin Jingū, niemand anderes als die Mutter von Hachimans leiblicher Gestalt Kaiser Ōjin, mit ihrem Gemahl badete. Dōgō Onsen ist wahrlich ein Ort der Mythen und Legenden. Der Isaniwa-Schrein mit seinem prägnanten Aussehen trägt seinen Teil zu dieser Atmosphäre bei. Auch wenn gerade renoviert wurde, als ich dort zu Besuch war.
Quellen und weiterführende Links
Wikipedia: Hachiman-zukuri (engl.)
Jaanus: hachiman-zukuri (engl.)
Wikipedia: Hachiman (engl.)
Japan Travel: Isaniwa Shrine (engl.)
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Habe gestern (15.12.) den Iwashimizu Hachiman-gū in Kyoto besucht. Vielleicht lag es am Wochentag oder an den Temperaturen nahe 0° C, ich war jedenfalls fast allein dort, und das bei strahlendem Himmel. Die Anreise mit der Keihan-Line, dann mit dem CableCar dauert eine gute Stunde (Kosten gesamt für ein Richtung: 700¥), aber die Fahrt lohnt sich. Die Anlage ist riesig und es dauert eine Zeit, sich alles in Ruhe anzusehen. Hinter dem Hauptgelände findet man einen sehr schönen Bambuswald und etwas weiter eine Plattform, von der man einen fantastischen Blick über Kyoto hat.
Fazit: Toller Tipp von Elisa!
Lieber Peter,
das klingt echt fantastisch. Ich empfinde es immer als großes Geschenk, wenn ich einen Schrein oder Tempel ganz für mich habe.
Und sehr cool, dass der Artikel genau zur passenden Zeit kam, als du in Japan warst 😁
Viele Grüße, Elisa