Japan ist ein Land voller Schönheit im Detail. Bei einer Japanreise begegnet dir diese Liebe für Ästhetik in vielen Kleinigkeiten. Sei es nun das perfekt angerichtete Essen oder eine einzelne Blume in einer Schmucknische eines traditionellen Hauses. Vor allem in der klassischen Architektur spiegelt sich viel davon wieder, durch lebendige Baumaterialien und ein ausgewogenes Zusammenspiel von Licht und Schatten. Ein besonderes Zierelement wirst du immer wieder dort finden können, wo du es vielleicht am wenigsten erwartet hättest: auf einem Hausdach. Die Rede ist von den kunstvollen japanischen Dachziegeln.
Typisch japanische Dachziegel
Bevor der Buddhismus (und mit ihm viele kulturelle Eigenheiten) nach Japan kam, deckte man Häuser mit Bündeln aus Reisstroh oder auch mit Schindeln aus Zypressenholz. Durch die neue Religion wurden gebrannte Dachziegel aus Ton eingeführt.
Bis heute prägen sie sehr stark das, was wir als typisches Aussehen eines Tempels empfinden. Zum einen durch die gebogene Form der Dächer, zum anderen durch die spezielle Kombination aus flachen und runden Ziegeln, die abwechselnd ineinander verhakt werden.
An ihren Enden befindet sich oft ein ganz spezielles Schmuckelement: eine runde Kappe mit einem Symbol, auf japanisch gatō (瓦当) genannt. Bei Tempeln zeigen diese gatō häufig Blumen oder ein linksgewinkeltes Swastika, das in Asien vielerorts ein traditionelles Symbol für heilige Stätten ist. An Burgen oder Herrenhäusern sind es hingegen oft das jeweilige Familienwappen.
onigawara-Dachfirst-Figuren – Fratzen gegen Unheil
Aber nicht nur die Kante des Dachs ist geschmückt. Auch auf dem First und an den Ecken, wo die Traufen aufeinandertreffen, siehst du oft ein ganz besonderes Element: die onigawara (鬼瓦, dt. „Dämonendachziegel“). Manchmal eher flache Platten, manchmal ins Details ausgeformte Plastiken, schaust du schon einmal in die Fratze eines Dämons.
Diese kunstvollen Abschlusselemente haben den praktischen Nutzen, das Eindringen von Wasser zu verhindern. Vor allem aber übernehmen sie eine schmückende wie auch symbolische Funktion.
Ursprünglich stellten sie Pflanzen oder Tiere dar, an Tempeln oft Lotusblumen. Später dann kamen Dämonendarstellungen in Mode und gaben den Ziegeln ihren speziellen Namen, der bis heute geblieben ist und auch andere Darstellungen mit einschließt.
Die Dämonen mögen auf den ersten Blick gruselig wirken und eine seltsame Wahl für einen heiligen Ort oder ein Wohnhaus sein. Doch die Idee dahinter ist, dass die schauerlichen Fratzen Unheil abwehren sollen. Etwas offensichtlicher ist dieser Wunsch hinter den Zierplatten, wenn diese mit Symbolen oder Schriftzeichen für Wasser gestaltet sind.
Jetzt, wo du von den besonderen Elementen eines traditionellen, japanischen Ziegeldachs weißt, solltest du bei deiner Japanreise unbedingt die Augen offenhalten. Welche unterschiedlichen Symbole und onigawara kannst du entdecken?
Quellen und weiterführende Links zum Thema „japanische Dachziegel“
JAANUS: gatou 瓦当
Japanese Wiki Corpus: Kawara (tile)
Wikipedia: 鬼瓦
Duende: Kawara – Decoding the Unique Roof Tiles of Japan
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