Schnaufend setzt sich die alte Dampflok in Bewegung. Schwarze Rauchschwaden treiben in den Himmel, die Zurückgebliebenen am Bahnsteig winken fröhlich. Dann das erste Tuten. Es geht mir durch Mark und Bein und eine kleine Freudenträne rinnt mir die Wange hinab. Ich fühle mich, als wäre ich mit dem Hogwarts Express unterwegs durchs schottische Hochland. Aber eigentlich noch besser: die SL Yamaguchi bringt mich für einen Tagesausflug in die kleine Stadt Tsuwano.
Japans Sonderzüge sind spektakulär und machen riesigen Spaß. Bei mir stehen sie bei der Reiseplanung wann immer möglich mit auf dem Programm. Und wenn auch du deinen Japanurlaub zu etwas ganz Besonderem machen willst, lege ich dir eine Fahrt mit einem Sonderzug, oder auch „Joyful Train“, wie sie seit einiger Zeit von der Japanischen Bahn selbst genannt werden, ans Herz.

Die SL Yamaguchi – Nostalgie auf Schienen

In Japan bin ich begeisterte Zugfahrerin. JR (Japan Railways) und die vielen weiteren privaten Gesellschaften genießen dort einen weit höheren Stellenwert als bei uns die Deutsche Bahn. Diese Hochachtung färbt bei meinen Japanreisen immer auf mich ab und mit viel Respekt registriere ich höfliche Zugbegleiter, minutiös eingehaltene Fahrpläne und blitzblanke Innenräume. Und ein klein wenig werde ich auch zum Trainspotter.
Japans Zuglandschaft ist vielfältig und durch mehrere operierende Dampfloks im Land teils herrlich nostalgisch. Die SL Yamaguchi ist eine von diesen dampfbetriebenen Lokomotiven. Das „SL“ (エス・エル) steht auch genau dafür: Steam Locomotive.



Wie der Name andeutet durchquert dieser Sonderzug die wunderschöne Präfektur Yamaguchi – die südlichste auf Japans Hauptinsel Honshū. Es geht vorbei an grünen Reisfeldern, in deren Wasser sich der blaue Himmel spiegelt, und durch Bambushaine, sodass die kräftigen Blätter nur so gegen die Fenster rumpeln. Egal wo die SL Yamaguchi aus einem Tunnel fährt oder an einem Bahnsteig hält: die Hobby-Fotografen stehen schon bereit und lichten das schnaubende Dampfross von allen Seiten ab.


Auch innen bleibt die SL Yamaguchi ihrem Stil treu. Die Verkleidungen sind aus Holz und lassen an prächtigere Zeiten denken. Wer am Bahnhof in Shin-Yamaguchi vorab eine Lunchbox (ein sogenanntes ekiben 駅弁) gekauft hat, lässt es sich unterwegs schmecken, während die Landschaft draußen wesentlich langsamer vorbeizieht, als säße man in einem rasenden Shinkansen. Vorher wird das Essen aber natürlich fotografiert. Eh klar.



Mit der SL Yamaguchi von Shin-Yamaguchi nach Tsuwano und wieder zurück

Die kleine Ortschaft Tsuwano liegt in der Nachbarpräfektur Shimane und bietet eine tolle Möglichkeit für einen Tagesausflug von der Stadt Yamaguchi oder Yuda Onsen aus. Du kannst dort einen der wichtigsten und schönsten Inari-Schreine des Landes besuchen und danach den Berg zu einer alten Burgruine erklimmen. Außerdem ist die Altstadt mit strahlend weißen Wänden und hunderten Koi-Karpfen in den Wasserrinnen die Straße entlang ein Ausflug in eine andere Zeit.
Und wie könntest du stilechter dort ankommen als mit einer Dampflok?


Wenn du die SL Yamaguchi hin und zurück nehmen möchtest, bleibt die leider in Tsuwano nicht allzu viel Zeit, nur knappe vier Stunden. Da die Stadt aber nicht groß ist, leihst du dir am besten ein Rad und fängst an zu erkunden. Außerdem ist die Zugfahrt, die einfach knapp zwei Stunden dauert, ein großer Teil des Abenteuers.
Die SL Yamaguchi verkehrt nur an ausgewählten Wochenenden und Feiertagen. Also bitte frühzeitig reservieren. Die passende ekiben-Lunchbox und diverses Merchandise wird direkt am Bahnsteig in Shin-Yamaguchi verkauft.
Hinweise und weiterführende Links
Seit einigen Jahren schon sind die beiden Dampfloks, welche die Strecke bedienen, in Reparatur. Vorübergehend ist deshalb auf der Strecke eine Diesellok – die DL-Yamaguchi – im Einsatz.
Offizielle Website: Fahrplan und Preise (japanisch)
Offizielle Website: Verkehrstage (japanisch)
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Hab das Ding unendlich oft gesehen. :)
Ist immer direkt an meinem Balkon vorbeigefahren. ^___^
Das stelle ich mir zugleich sehr romantisch aber auch surreal vor :D