Die Kamera läuft, der Reporter des lokalen Fernseh-Senders schaut begeistert zu wie mein Reisepartner eine winzige Keramikschale an die Lippen führt und vorsichtig trinkt. Es wird nachgefüllt und gleich die nächste Aufnahme. Wir sind in einem Schreinfest in Gamagori gelandet und der Priester hat uns Sake, japanischen Reiswein, angeboten. Das Kamerateam war zufällig in der Nähe und freut sich über die Aufnahmen der wortlosen Völkerverständigung.
Sake spielt eine wichtige Rolle im indigenen Glauben der Japaner. Das landeseigene Getränk wurde früher sogar den Schriftzeichen nach „göttlicher Wein“ genannt. Die Schreibweise hat sich verändert, doch die Verbindung zwischen Religion und Getränk bleibt bestehen. Und dies kannst du während einer Japanreise auch kaum übersehen. Denn an shintō-Schreinen siehst du oft ganze Wände mit aufeinander gestapelten Sake-Fässern. Was es genau mit diesen auf sich hat, erzähle ich heute:
Der Begriff Sake
Vorweg eine kleine Begriffserklärung. Ich verwende in diesem Artikel das Wort Sake wie wir es im deutschen verstehen: als Reiswein. Im Japanischen bezeichnet sake 酒 schlichtweg Alkohol. Das, was wir als Reiswein kennen, nennt sich dort nihonshu 日本酒 (dt. „japanischer Alkohol“) oder seishu 清酒 (dt. „klarer Alkohol“).
Wer darf überhaupt Sake brauen?
Wer in Japan Sake brauen darf, ist streng reguliert. Eine stattliche Lizenz ist dafür nötig. Deshalb gibt es auch nicht wie bei uns Hobby-Sake-Brauer.
Obwohl der Shintoismus und das alkoholische Getränk eng miteinander verbunden sind, besitzen nur vier Schreine in ganz Japan eine Erlaubnis, selbst Sake herzustellen.
Woher kommen die Sake-Fässer am Schrein in Japan?
Da für die Durchführung von Ritualen und Festen Reiswein benötigt wird, spenden Sake-Brauereien regelmäßig an Schreine. Für gewöhnlich an lokale Stätten, doch einige große Schreine wie der Meiji-jingū und der Izumo-taisha nehmen Gaben von überall entgegen.
Wichtig ist bei der Spende, dass kein Überfluss entsteht. Geliefert wird genau so viel, wie auch verbraucht werden wird. Alles andere gilt als mottainai (勿体無い), also Verschwendung. Kurz vor Festtagen wird also mehr gespendet als sonst.
Um die Mengen zu regeln und unnötige Lieferungen zu vermeiden, gibt es zum Beispiel am Meiji-jingū-Schrein ein eigenes Komitee, das sich genau darum kümmert.
Schmuckfässer für die Götter
Sake ist ein Getränk, dass hauptsächlich in Flaschen abgefüllt wird. Bei einer Lagerung in Fässern nimmt die Flüssigkeit das Holzaroma auf Dauer zu stark an. Reiswein in Fässern ist also in der Praxis eine Seltenheit. So ein Fass bestellt man auf Termin für Feste und Familienfeiern, weil es schön aussieht und etwas Besonderes ist.
Die Fässer, wie du sie am Schrein oder auch bei Brauereien selbst siehst, sind leere Deko-Gefäße genannt kazaridaru (飾り樽, dt. „Dekorationsfass“). Ihre Spende erfüllt einen symbolischen Zweck. Den Göttern wird gehuldigt und um weiterhin gute Erträge gebeten.
Wenn du das nächste Mal an einem Schrein die hübschen, bunten Fässer siehst, weißt du nun, dass es sich um reine Zierde mit symbolischem Wert handelt. Der tatsächlich in Ritualen und bei Festen verwendete Reiswein kommt in kleineren Mengen in Flaschen. Auch solche kannst du manchmal auf dem Gelände dekorativ arrangiert sehen. Erzähl mir gern in einem Kommentar, was dir in diese Richtung schon in Japan begegnet ist.
Quellen und weiterführende Links
The Japan Times: Sake barrels at shrines (engl.)
Dario No Tabiji: 飾り樽 Kazaridaru – Sake barrels at Shinto shrines (engl.)
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oh wie cool. ein solches Fass als Deko habe ich beim Anblick der schönen Fotos auch schon bei mir zu Hause gesehen :) Also auch mich interessiert die Frage: Mitgebacht oder hier gekauft?
Susanne, schau mal hier: https://www.sake-kontor.de/produkt-kategorie/sake-zubehoer/sonstiges-zubehoer/
Darauf bin ich während der Recherche für diesen Artikel gestoßen.
Hallo Elisa,
montags morgens entfliehen ich mit Deinen Texten nach Japan. Viele Erinnerungen an schöne Zeiten erwachen so und starten mit mir in die neue Woche. Ein solches Zier-Sake-Fass steht auch bei meiner Schwester zu Hause.
Guten Start in den Tag
Elli
Das ist ja cool. Hat sie das Fass mitgebracht oder hier in Deutschland erworben?